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Die perfekte Post-Merger-Integration

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Kolumne "Hirt on Management": Folge 134. Worauf Manager bei einer Post-Merger-Integration achten sollten.

Die erfolgreiche Zusammenführung zweier Unternehmen (Post-Merger-Integration – PMI) stellt auch erfahrene Manager vor eine große Herausforderung.

Hier ein paar Kernpunkte, die dabei zu beachten sind: Vorbereitungsphase – Proper Preparation Prevents Poor Performance (PPPPP)

Bereits in der Vorbereitungsphase, also bevor ein konkretes Kaufobjekt vorliegt, können die angestrebten Synergien auf Plausibilität überprüft werden. Die Kernfragen sind hier:

  • Sind solche Synergien (und auch in diesem Ausmaß) bereits in der Vergangenheit von diesem Unternehmen bei Akquisitionen verwirklicht worden?
  • Sind Synergien in diesem Ausmaß bereits von irgendeinem Unternehmen bei einer ähnlichen Transaktion worden?

Hier ist es entscheidend, auf externe und unabhängige Benchmarks zurückzugreifen, um zu verhindern, dass eine Transaktion durch übermäßig optimistische Annahmen über Synergien ins Laufen gebracht wird.

Deal-Fieber rechtzeitig aushebeln

Die Erfahrung zeigt, dass nur in dieser Vorbereitungsphase eine Chance besteht, eine grundsätzlich fehlerhafte Akquisitionsstrategie zu stoppen.

Ist eine Transaktion erstmal im Laufen und fiebert das Topmanagement einem ruhmvollen Deal entgegen, dann ist es fast aussichtslos, den Zug zu stoppen.

Transaktionsphase – Prüfe wer sich bindet

Während der Due Diligence-Phase, also der Überprüfung von Hard- und Soft-Facts eines konkreten Kaufobjekts/Fusionspartners, werden nicht nur wichtige Informationen für die Erstellung des Integrationsplans und für die schnelle Umsetzung der PMI gesammelt, idealerweise werden auch bereits erste Beziehungen zwischen den Topmanagern der beiden Unternehmen in dieser Phase geschaffen oder vertieft.

Es ist entscheidend, dass die für die spätere Integration Verantwortlichen nicht auf den Seitenlinien stehen, sondern eine aktive Rolle in der Due Diligence spielen.

Mit dem „Clean Team“ Zeit gewinnen

Ein wichtiger Zeitgewinn bei der Vorbereitung und Planung der Integration kann durch die Einsetzung eines unabhängigen und zur Vertraulichkeit verpflichteten Analyseteams („Clean Team“) erreicht werden, das bereits vor dem Inkrafttreten der Transaktion (Closing), während der Verhandlungen, Zugang zu vertraulichen Informationen beider Seiten erhält und auf dieser Grundlage erste Analysen und Empfehlungen für die Vorgangsweise bei der Integration, insbesondere die Hebung der Synergien, erstellt.

Auf diese Vorgangsweise müssen sich natürlich alle beteiligten Parteien einigen. Die Vertraulichkeit wird durch die Auswahl der richtigen Mitglieder dieses Teams, meistens ehemalige Topmanager aus der Branche und unabhängige Berater und einer strikten rechtlichen Kontrolle und Begleitung, unterstützt. Die Ergebnisse der Arbeit dieses Analyseteams werden erst bei Inkrafttreten der Transaktion an das eigentliche Integrationsteam weitergegeben.

Das Closing ist nur das Ende des Eröffnungskapitels

Ein kritischer Fehler ist zu glauben, dass mit der Unterschrift auf dem Vertrag (Signing), bzw. spätestens dem Inkrafttreten der Transaktion (Closing), der anstrengende und aufregende Teil vorbei ist und jetzt wieder zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Jetzt fängt der schwierige Teil („blood, sweat, toil and tears“) erst an.

Ohne Topmanagement geht es nicht

Leider verabschieden sich viele Topmanager an dieser Stelle von der Verantwortung und überlassen die vermeintliche „Kleinarbeit“ einem Integrationsteam, dass personell und machtmäßig unterausgestattet ist und oft auch erst im letzten Moment ins Boot geholt wird.

Post-Merger-Integration – Zügige Umsetzung entscheidend

Die Transaktion ist in Kraft getreten, die Synergien sind identifiziert und der Plan um sie zu heben ist vorbereitet.

Jetzt gilt es entschlossen zu handeln und maximale Kontrolle über den Integrationsprozess zu haben, um sicherzustellen, dass die beschlossenen Integrationsmaßnahmen in allen Schlüsselbereichen optimal umgesetzt werden.

Die richtige Balance zwischen PMI und Tagesgeschäft

Die zentrale Herausforderung besteht darin, das Tagesgeschäft der beiden Unternehmen weiterhin erfolgreich zu betreiben und gleichzeitig die zusätzliche Arbeitsbelastung der Integration erfolgreich zu schultern.

Ein kritischer Fehler, der in der Umsetzung der Integration gemacht wird, ist sich in der Komplexität und den Details der Herausforderung zu verlaufen und den Blick für das Wesentliche und damit die Möglichkeit einer zügigen Integration, zu verlieren.

Eckpfeiler müssen innerhalb der ersten 6 Monate eingeschlagen sein

Je nach Ausgangslage und Rahmenbedingungen sollten die wichtigsten Integrationsaufgaben innerhalb von drei bis maximal sechs Monaten nach dem Closing abgeschlossen sein.

Das bedeutet nicht, dass nach diesen drei bis sechs Monaten keine Aufgaben mehr zu lösen sind, die aus der Transaktion und Integration resultieren, nur sollten diese Aufgaben dann auf Grundlage des Rahmens, der Leitlinien und der Vorentscheidungen der ersten drei bis sechs Monate, zunehmend den Charakter von Tagesgeschäft bekommen und nicht mehr den einer Ausnahmesituation haben.

In den ersten drei bis sechs Monaten die Grundlagen und Eckpfeiler für den Erfolg zu schaffen, ist deswegen so wichtig, weil anschließend die Erfolgswahrscheinlichkeit der Integration rapide abnimmt.

Gefahr der Integrationsmüdigkeit

Führungskräfte und Mitarbeiter erleiden Integrationsmüdigkeit und verlieren den Fokus auf die Integration, müssen sich auf neue, meist kritische Marktherausforderungen konzentrieren und nehmen sich im Integrationsprojekt zurück oder kommen vollkommen abhanden.

Der Erfolg einer Integration lebt sehr stark von ihrer Dynamik und der schnellen Erzielung von Ergebnissen. Daher ist es so wichtig, dass Entscheidungen schnell und pragmatisch getroffen werden, aber gleichzeitig keine massiven Qualitätsverluste entstehen.

If you can’t stand the heat, stay out of the kitchen

Dieser Spagat kann nur gelingen, wenn erfahrene Integrationsmanager am Werk sind. Zentral ist es sich auch klar zu machen, dass es auf dem Weg zum Erfolg Siege und Niederlagen geben wird. Integration und Veränderung sind keine linearen Prozesse, sondern mit Wechselfällen und Rückschlägen gepflastert. Wer nicht das notwendige Durchhaltevermögen hat, sollte es gleich lassen.

Das Wichtigste in Kürze:

PPPPP - Proper Preparation Prevents Poor Performance.

In der nächsten Kolumne erfahren Sie, was Manager vom französischen Staatsmann Charles de Gaulle lernen können.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 22. Oktober 2020 zur Frage: Von de Gaulle lernen.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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