Gastkommentar

Der hilflose päda­gogische Staat

Peter Kufner
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Erziehend, drohend, seltener lobend – so hat Österreichs Bevölkerung die Regierungsspitze seit Beginn der Coronakrise wahrgenommen.

Bitte beruhigt euch!“ lautete der Appell des WKO-Gastronomie-Obmanns, Peter Dobcak, in Reaktion auf den Unmut von rund 60 Prozent der befragten Besucher, die die Registrierungspflicht in Wiener Lokalen ablehnen. Dann fabulierte er vom „kleinen Revoluzzerherz des Wieners“ und wunderte sich, wie man einen weiteren Eingriff in den persönlichen Datenschutz nicht befürworten könne. Man nutze ja auch soziale Medien und Punktekarten – mit dem feinen Unterschied, dass dem Nutzer dabei keine Quarantäne droht, die ihn tagelang isoliert.

Erziehend, ermahnend, drohend, seltener lobend – so hat Österreichs Bevölkerung die Regierungsspitze seit Beginn der Coronakrise wahrgenommen. Auch wenn er kein Mitglied der Regierung ist, ist der WKO-Gastronomie-Obmann da keine Ausnahme.

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Die Rolle des Staates ändert sich durch Corona spürbar, was wohl für jede Krise symptomatisch ist. Regierungen und Exekutivorgane handeln überwiegend pädagogisch, indem sie Staatsbürger von ihrer Eigenverantwortung befreien und ihnen ihre Mündigkeit, selbst Entscheidungen zu treffen, absprechen. Das mag während eines Ausnahmezustandes positiv sein – solang die Handelnden ihre Ziele kennen, sie klar definieren und der Bevölkerung Orientierung vermitteln, was aktuell nicht der Fall ist. Wird der Staat jedoch von Regierenden und Regierten nicht länger als demokratisches Ganzes wahrgenommen, in dem jeder eine Stimme hat, droht westlichen Demokratien durch die Coronakrise ein Abgleiten in neue Staatsformen mit autoritären Tendenzen.

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