Fußball

Arsenal und Tottenham: "Culture Clash" der Hochkulturen

José Mourinho ist bei Tottenham am Ball. Wie der portugiesische Manager wohl am Donnerstag gegen Lask spielen lassen wird?
José Mourinho ist bei Tottenham am Ball. Wie der portugiesische Manager wohl am Donnerstag gegen Lask spielen lassen wird? ADAM DAVY / AFP / picturedesk.co
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Die beiden Londoner Traditionsvereine Arsenal und Tottenham sind einander seit über 100 Jahren in inniger Feindschaft zugetan. Jetzt eint beide noch etwas, London spielt gegen Österreich. Sie treffen in der Europa League auf Rapid bzw. Lask.

Wenn Lask und Rapid in dieser Woche in der Europa League auf Londons Traditionsvereine Tottenham Hotspur und Arsenal F.C. treffen, bringen beide eine reiche Derbygeschichte mit. Lask kämpfte über Jahrzehnte mit Voest Linz um die Vorherrschaft in der Stahlstadt, und für Rapid ist bis heute das Duell mit Austria ein Höhepunkt jeder Saison. An die Rivalität zwischen den „Gunners“ und den „Spurs“ reicht aber nichts heran. „Das Nordlondon-Derby war das wichtigste Spiel des Jahres für uns“, erinnert sich der ehemalige Arsenal-Verteidiger Lee Dixon stets mit Schaudern zurück. „Böse. Hart. Gnadenlos.“

Als Helmut Qualtinger „Simmering gegen Kapfenberg, das nenn' i Brutalität“ sagte, hatte er nie ein Spiel dieser englischen Größen gesehen. Besonders in grauer Vorzeit ließ man es so richtig krachen. Über das Derby im September 1922 berichtete der Reporter des „Sunday Evening Telegram“ empört: „Nach dem Tor der Spurs kam es zu den schändlichsten Szenen, die ich jemals auf einem Fußballplatz gesehen habe. Spieler rissen den Schiedsrichter zu Boden, Fäuste wurden geschwungen und alle Würde wurde grob mit den Füßen getreten.“ Das Spiel endete, nebenbei bemerkt, mit einem 2:1 Auswärtssieg von Arsenal auf der White Hart Lane.

Räumliche Nähe. Das alte Stadion von Tottenham befand sich nur 6,5 Kilometer von Arsenals Spielstätte in Highbury entfernt. Die Kanoniere waren erst 1913 aus dem Süden Londons in den Norden gezogen, und die Fans der 1882 gegründeten Spurs machten kein Hehl daraus, dass der Neuankömmling hier nicht sonderlich willkommen war. Tottenham war damals unter vielen Juden beliebt, weshalb sich die Fans bis heute manchmal „Yids“ nennen. Heute haben beide Vereine eine vergleichbare Anhängerschaft.

Als die oberste Spielklasse im Jahr 1919 auf 20 Mannschaften erweitert wurde, machte sich Tottenham begründete Hoffnungen auf einen der beiden Plätze. Obwohl Arsenal die Unterliga nur als Sechster beendet hatte, gewann man eine Kampfabstimmung nach einer flammenden Empfehlung des Vertreters von Liverpool. Das Gerücht ist nie verstummt, dass damals nicht nur Argumente den Ausschlag gaben. Autor Steven Tongue: „Das war der Beginn einer echten Feindschaft.“ Wenn sich ein Tottenham-Fan einmal ein anerkennendes Wort über Arsenal abringt, sagt er heute noch: „Nicht schlecht für einen Verein, der nie rechtmäßig den Aufstieg geschafft hat.“

An solche aus Legenden geflochtene Strohhalme mussten sich die Fans der traditionell in Weiß-Blau spielenden Hotspurs lang klammern. Von den bisher 200 Spielen seit dem ersten Aufeinandertreffen am 4. Dezember 1909 gewann Arsenal 82, Tottenham 65 und endeten 53 unentschieden. Oft war die Feindschaft unter den Fans unterhaltsamer als das Geplänkel auf dem Spielfeld. „Boring Arsenal“ wurden die rot-weißen Kanoniere landesweit von Fans verhöhnt, wenn sie sich zu einem mühsamen „One-Nil To The Arsenal“ (so ein weiterer Spottgesang) holzten. Die Spurs hingegen konnten lang nicht an ihre internationalen Erfolge aus den 1970er-Jahren anknüpfen. Nick Hornby, der Mann, der Arsenal einen Platz in der Literatur gesichert hat, schreibt: „Sich über ein langweiliges Fußballspiel zu beschweren, ist so, als würde man sich über das tragische Ende von King Lear beklagen. Es geht an der Sache vorbei.“

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