Mein Montag

Wörter und Phrasen, die wir für den Lockdown brauchen

Betroppezt schauen kann man mehr oder weniger.
Betroppezt schauen kann man mehr oder weniger.Erich Kocina
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Betroppezt sein ist okay, am Boden zerstört sein auch. Aber bitte frotzeln Sie die Polizei nicht!

Kann man, wenn etwas zum zweiten Mal passiert, schon von einer Tradition sprechen? Wie auch immer, der zweite Lockdown steht an, also reden wir darüber. Vermutlich schauen jetzt einige etwas betroppezt – das ist übrigens wieder ein österreichisch-umgangssprachlicher Begriff mit Wurzeln im Jiddischen. Etymologisch steckt dahinter der Tropfen, dass man also betropft ist, im Sinn von „vom Regen überrascht“. Und das hat sich dann eben auf bestürzt, überrascht und auch sprachlos ausgedehnt. So mancher wird sich wegen der neuen Corona-Maßnahmen auch am Boden zerstört wähnen. Diese Phrase hat sich seit den späten Dreißigerjahren stark ausgebreitet – und das vermutlich durch die laufende Verwendung in der Kriegsberichterstattung. Wenn nämlich die feindliche Luftwaffe schon am Boden ausgeschaltet wurde, also ehe sie überhaupt abheben konnte, wurde dafür in den Nachrichten diese Redewendung verwendet. Übertragen versteht man unter „am Boden zerstört“ nun eher, dass man zu Tode betrübt oder tieftraurig ist.

In Phasen wie diesen hilft ein Spaziergang – wobei man ja zwischen 20 und 6 Uhr einen guten Grund dafür haben muss, sollte man dabei von der Exekutive aufgehalten werden. Und holt man bei der Begründung zu weit aus, kann es passieren, dass der Beamte dann fragt, ob man ihn frotzeln will. Woher dieses Wort kommt, das so viel wie hänseln oder aufziehen bedeutet, ist nicht ganz klar. Aber es gibt die Vermutung, dass es sich vom Wort Fratze ableitet, wohl durch den Gesichtsausdruck, den man beim Frotzeln offenbar macht. Wie auch immer, achten Sie halt bei jeglicher Frotzelei auf den Mindestabstand. Und das womöglich auch dann, wenn der zweite Lockdown wieder Geschichte ist. Denn sonst könnte sich womöglich eine weitere Phrase bewahrheiten: Aller guten Dinge sind drei . . .

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2020)

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