Konjunktur

Mit 1700 Euro netto Mindestlohn durch die Krise

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Mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg zieht Landeshauptmann Doskozil sein Wahlversprechen durch: 1700 Euro Mindestlohn für Landesbedienstete. Das Prestigeprojekt sorgt nicht nur bei Unternehmern für Unmut.

Die Coronapandemie sorgt in Österreich für einen starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen, viele Unternehmen fürchten um ihre Existenz. Für Bedienstete des Landes Burgenland und Angestellten in Unternehmen, an denen das Land einen Mehrheitsanteil hat, bedeuten die Jahre 2020 und 2021 aber vor allem einen starken Anstieg des Mindestlohns. Der wird nämlich bei 1700 Euro netto liegen. SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat dies angekündigt, und er hält auch weiterhin an seinem Wahlversprechen fest. „Man muss sich schon die Frage stellen, was der Mindestlohn für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet und welche positiven Entwicklungen daraus resultieren. Schließlich ist er eine wichtige wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Maßnahme, die einerseits die Kaufkraft stärkt und damit die regionale Wirtschaft ankurbelt – andererseits werden dadurch Menschen motiviert, Arbeitsplätze anzunehmen, die bisher aufgrund der schlechten Bezahlung nicht attraktiv genug waren“, erklärte er (siehe Interview).

Tatsächlich wird Doskozils Vorstoß nicht nur von einem Großteil der Unternehmerschaft mit Argwohn betrachtet. Auch seine Parteifreunde in den ebenfalls SPÖ-regierten Bundesländern reagierten nicht gerade euphorisch auf diese beschäftigungspolitische Steilvorlage. Man könne das Burgenland nicht mit Wien vergleichen, meinte etwa Wiens Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker. Gewerkschaft und Arbeiterkammer wären schon froh, in manchen Branchen einen Mindestlohn von 1700 Euro brutto umzusetzen. Aber netto?

„Das Burgenland möchte mit gutem Beispiel vorangehen und Vorreiter für die Privatwirtschaft sein. Mir ist auch bewusst, dass die Umsetzung in kleineren Betrieben nicht von heute auf morgen geht und es einer Entlastung auf steuerlicher Seite bedarf“, sagt Doskozil.

Was in der Debatte kaum erwähnt wird: Der höhere Mindestlohn bedeutet für die Beamten auch, dass ihr Gehalt später wesentlich langsamer steigt. Deshalb lehnen viele Beamte das neue Modell ab. Viele Ökonomen plädieren schon lang für eine flachere Lohnkurve. Allerdings ist der Umstieg für Unternehmen teuer.

„Den Mindestlohn werden wir trotz Coronakrise im Burgenland weiter ausrollen und sind dabei voll im Zeitplan. Nach der Umsetzung im Land, in der Krages und im Großteil der Holding folgt mit Jänner 2021 der landeseigene Tourismusbereich. Auch für die Gemeinden ist das unser Ziel“, betont Doskozil.

Mehr Kaufkraft für Ungarn?

Für den Tourismusbereich, etwa die landeseigene Sonnentherme Lutzmannsburg mit angeschossenem Hotel, erhofft sich Doskozil auch, dass künftig vermehrt Burgenländer dort anheuern. Aktuell arbeiten im Tourismus überdurchschnittlich viele Ungarn. Die Erhöhung des Mindestlohns werde also vor allem die Kaufkraft in Ungarn fördern, meinen Kritiker.

Unklar ist noch, wie stark sich die Lohnerhöhungen im kommenden Jahr auf das Landesbudget auswirken werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2020)

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