Lockdown II.

Betriebe zwischen Sorge und Zuversicht

(C) Seal Maker
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Wie die Unternehmerschaft aus dem Burgenland den neuen Lockdown sieht und was sie braucht - Planbarkeit und die Sicherung des Warenverkehrs stehen dabei weit oben.

Der zweite Lockdown kam für viele nicht überraschend. In seiner Heftigkeit hat er aber enorme Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft – auch weil sich fast halb Europa im Corona-Ausnahmezustand befindet. Im Gegensatz zum Frühling-Lockdown bleibt der Handel offen. Tourismus, Gastronomie und Hotellerie, Sport- und Kulturbetriebe werden jedoch für vier Wochen wieder auf null gesetzt.

Wie burgenländische Leitbetriebe die aktuelle Situation beurteilen, sie für sich einordnen und wie sie mit den Einschränkungen umgehen, erzählen eine Unternehmerin und drei Unternehmer. Sie betonen aber auch, was die Wirtschaft brauchen würde für die Bewältigung der Coronakrise.


Seal Maker. „Als Unternehmen sind wir gut aufgestellt und sind bis jetzt mit einem blauen Auge davon gekommen. Aber es war viel Arbeit, wir haben im Frühling und Sommer von Pressekonferenz zu Pressekonferenz gelebt. Als Team haben wir die Situationen aber gemeistert, haben zusammengehalten und uns untereinander geholfen.

Wie gut wir als exportorientiertes Familienunternehmen durch den neuen Lockdown kommen, ist stark abhängig davon, wie sich der Warenverkehr entwickelt. Wenn er weiter aufrecht bleibt, wird es gehen. Wir produzieren überwiegend Rohr- und Stangenhalbzeuge für den Industriebereich. Aber auch unser Maschinenbau ist ein wichtiges Standbein.

Wir betreuen Kunden in 80 Ländern der Welt – daher ist die Reisemöglichkeit und somit das Erreichen unserer Kunden für uns wichtig. Das Problem dabei: Unsere Servicetechniker können nicht hinaus, wenn zum Beispiel eine Maschine in Asien stehen bleibt, weil sie nicht wissen, ob sie zurückkommen. Wir wünschen uns Rahmenbedingungen, die halten und bleiben, und Planbarkeit, damit wir wieder durchstarten können und sich die Aufregung legt.

Wichtig für uns wäre auch bei Verdachtsfällen die Möglichkeit des Freitestens, wenn der Mitarbeiter Kontaktperson war. Nur so können wir wieder anfangen zu planen.

»Ich gehe davon aus, dass im vierwöchigen Lockdown Österreich ordentlich herunterfahren wird – und dann die Lockerungen sehr vorsichtig passieren werden. Somit werden wir in fünf Wochen nicht so tun und uns verhalten können, wie das vor zwei Wochen noch gewesen ist.«

Christina Glocknitzer, Mitglied der Geschäftsführung Seal Maker Produktions- und Vertriebs GmbH

Unger Steel.„Wir sehen uns für die aktuelle Situation bestens gerüstet. Wir möchten die Mitarbeiter im Büro halten, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Denn im Projektgeschäft, wie wir es haben, ist Home-Office schwieriger. In vielen technischen Abteilungen braucht es die Teamarbeit. Unsere Mitarbeiter fühlen sich am Arbeitsplatz sicher. Wir haben zwar Coronafälle, aber keine Ansteckung am Arbeitsplatz gehabt.

Eine Herausforderung sind unsere Baustellen in Deutschland und Projekte in Osteuropa – denn das Reisen ist überall eingeschränkt. Unsere Montage-Teams brauchen für Deutschland einen negativen Covid-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Bei uns im Südburgenland haben wir aber keine Möglichkeit, einen PCR-Test über das Wochenende zu machen, daher müssen wir bei Reiseantritt vorher zum Wiener Flughafen fahren.

Durch den zweiten Lockdown wird die Wirtschaft wieder massiv Schaden nehmen. Aber wir kämpfen uns durch die Krise. Denn als Unternehmer muss man immer positiv denken. Wichtig für die Bauindustrie ist es, die Behörden offen zu halten, um Baugenehmigungen ausstellen und Bauverhandlungen durchführen zu können.

»Als gesundes Familienunternehmen investieren wir weiter. Angebracht wäre, dass bei der Investitionsprämie die dritte Milliarde beantragt wird – das regt unsere Kunden und uns zum Investieren an.«

Matthias Unger, Geschäftsführender Gesellschafter der Unger Steel Group.

Med Trust: „Ich hoffe, der Lockdown ist so kurz wie möglich, weil er den Leuten wieder Angst macht und keine Perspektiven gibt. Jeden Tag die Corona-Schreckensmeldungen zu hören führt zu Unsicherheit und Angst – und das führt dazu, dass die Leute deprimiert und frustriert sind. Diese Stimmung wirkt sich auf die Wirtschaft aus, denn da will man kein Geld ausgeben.

Wir haben das Glück, in der Medizinprodukte-Branche zu sein. Wir sind gut unterwegs und stellen auch Leute ein. Was mir Sorge bereitet, sind die Kollateralschäden und dass wir keine Planbarkeit haben. Wenn ein Mitarbeiter positiv getestet wird, sind gleich drei Gesunde auch unter Quarantäne.

»Home-Office ist bei uns schwierig, weil die Kommunikation nicht gut funktioniert. Im ersten Lockdown haben wir das System aufrechterhalten, in diesen zweieinhalb Monaten ist aber nichts Innovatives und Neues geschehen.“«

Werner Trenker, Eigentümer und Geschäftsführer der Med Trust HandelsgmbH in Marz.

Konditorei Ulreich. „Wir stellen uns auf einen vier Wochen dauernden Lockdown ein. Dass die Gastronomie zusperren muss, finde ich nicht richtig, weil sich die Leute in der Gastronomie kaum anstecken. In unseren Betrieben mit 124 Beschäftigten haben wir bis heute Gott sei Dank keinen einzigen Coronafall.

Kündigen werde ich keinem Mitarbeiter. Aber mit 30 Beschäftigten werden wir wieder in die Kurzarbeit gehen. Denn wenn wir die Konditoreien zusperren müssen, können wir auch den Verkauf zusperren, weil die Leute nicht Mehlspeisen abholen kommen.

Wir stellen uns darauf ein, im November nur für den Lebensmittelhandel zu produzieren. Gott sei Dank haben wir dieses Standbein. Beim ersten Lockdown konnten wir dadurch Einiges wettmachen. Aber das entgangene Gastro- und Kaffeegeschäft von zehn Wochen kann man dennoch nicht aufholen.

»Unser drittes Standbein, das Marktfahren, können wir schon das ganze Jahr nicht betreiben, weil die Gemeinden Angst vor Märkten und Ansammlungen haben. Ich glaube, dass es noch bis Mitte des nächsten Jahres mit den Turbulenzen so weitergeht.«

Helmut Ulreich, Eigentümer und Geschäftsführer der Ulreich GmbH & Co KG in Pinkafeld

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2020)

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