Management

Die Patriarchenfalle

Margret Thatcher, 1986
Margret Thatcher, 1986EPA
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Kolumne "Hirt on Management": Folge 138. Warum Sie sich selbst feuern sollten.

Wenn man die Geschichte und die Unternehmenswelt betrachtet, findet man erstaunlich viele Beispiele, von Topmanagerinnen und Topmanagern, die sich stur am Ruder festklammern, bis ein Abgang in Würde nicht mehr möglich ist.

Margaret Thatcher, die Premierministerin des Vereinigten Königreichs von 1979 bis 1990,  wurde am Ende ihrer Premier-Zeit immer sturer und unflexibler und behandelte ihre Minister wie dumme Schuljungen. Sie konnte letztendlich nur durch eine konzertierte Aktion ihrer eigenen Partei gestürzt werden.

Charles de Gaulle, Staatspräsident von Frankreich von 1959 bis 1969, wurde von den gesellschaftlichen und sozialen Haltungen und Aktionen der Achtundsechziger vollkommen überholt, konnte als „gewählter König“ überhaupt nicht damit umgehen und trat 1969 zurück.

Premierminister Winston Churchill machte schon im zweiten Weltkrieg seine Kabinettskollegen mit seinen Endlossitzungen wahnsinnig, kompensierte das aber durch seine hohe Entschlossenheit, seine motivierenden, öffentlichen Ansprachen und den geschickten Umgang mit dem US-Präsidenten Roosevelt.

Gegen Ende seiner zweiten Premierschaft in den Fünfzigerjahren (1951-1955) war er nur mehr ein Schatten seiner selbst, unentschlossen, zögerlich und am Ende eigentlich ausgebrannt, hielt aber noch weit über das Vernünftige an seiner Rolle fest.

Nicht loslassen, niemanden zulassen können

Aber auch in der Wirtschaft beobachtet man sie immer wieder, die Patriarchinnen und Patriarchen, die nicht loslassen können, die keinen Nachfolger oder keine Nachfolgerin zulassen können, die sich mit den neuen Anforderungen, der neuen Zeit in der sie leben nicht anfreunden wollen oder können.

Was so ein Verhalten bedingt, ist eine Frage für die Psychologen, für unsere Praxis gilt jedenfalls festzustellen, dass in vielen Fällen durch so ein Verhalten ein enormer Schaden entsteht.

Wichtige Entscheidungen werden nicht getroffen. Geeignete Nachfolgekandidatinnen und -kandidaten werden frustriert und vertrieben. Es wird zu lange an der Vergangenheit fest gehalten, während die Felle der Zukunft davon schwimmen.

Nur zur Sicherheit, und damit es auch richtig kompliziert wird, gibt es natürlich auch Beispiele, wo es richtig war, dass der Patriarch oder die Patriarchin das Ruder nicht aus der Hand gegeben haben. Aber es gibt leider auch zahlreiche Beispiele, wo großer Schaden entstanden ist.

Bei Mittelständlern kann die „Patriarchenfalle“ in vielen Fällen dazu führen, dass nach der Zeit des Patriarchen das Unternehmen in die Hände der sprichwörtlichen Heuschrecken fällt, also genau das passiert, was der Patriarch immer verhindern wollte.

»Ein guter Übergang auf die nächste Generation nimmt ungefähr zehn Jahre in Anspruch, in manchen Fällen länger.«

Wenn Sie selber eine Patriarchin oder ein Patriarch sind, dann sollten Sie sich klarmachen, dass ein guter Übergang auf die nächste Generation ungefähr zehn Jahre in Anspruch nimmt, in manchen Fällen länger.

Beginnen Sie daher rechtzeitig an Ihrer Nachfolge zu arbeiten, damit Sie selber den Zeitpunkt an dem sie sich „feuern“ bestimmen und mit Anstand und einem gut geordneten Hof abtreten können.

Und in diesen zehn Jahren geht es nicht nur um Ihre Nachfolge, sondern auch um das, was sie in den Folgejahren, nach ihrem Abtritt machen werden, vorzubereiten.

Denn als Persönlichkeit, die gewohnt ist zu gestalten, werden Sie einen neuen Rahmen dafür benötigen, um weiter zu gestalten.

Das Wichtigste in Kürze

Warten Sie nicht darauf, bis Sie selber der sprichwörtliche faule Apfel sind, sondern nehmen Sie die Vorbereitung Ihres Abgangs genauso entschlossen in die Hand, wie Sie Ihr Unternehmen aufgebaut haben.

In der nächsten Kolumne beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Sie das optimale Marktsegment für schnelles Wachstum identifizieren.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 3. Dezember 2020 zum Thema: Ihr Brückenkopf für schnelles Wachstum.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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