Mein Freitag

Im Pyjama auf der Allee durchs Träumeland

Der Seidenpyjama passt gut ins Träumeland.
Der Seidenpyjama passt gut ins Träumeland.APA/AFP/STEPHANE DE SAKUTIN
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Die Kinder erzählen von irgendwelchen Videoclips, und auch wenn man die Hälfte nicht versteht, darf nicht nachgefragt werden, weil das nervt. Also nur zuhören, es ist teilweise sehr lustig. „Vor Corona war ich zehn und nächstes Jahr bin ich vierzehn“, hat einer gepostet und als ich zu lachen aufhöre, fragen die Kinder, was denn daran bitte witzig ist.

Ablenkung können alle gut gebrauchen. Eine Zeitschrift berichtet, dass der Pyjama die Jogginghose in der Mode ablöst, in der Öffentlichkeit, wohlgemerkt. Früher hätte man gesagt, etwas wird salonfähig, aber mangels Gesellschaft im Salon geht es um Straßenchic. Eine Straße, die es in Wirklichkeit nicht gibt, eine Allee ohne Gatsch, Streusalz, Kaugummis und Hundekot. Der Seidenpyjama passt gut ins Träumeland.

Das Fernweh kann man zwar nicht wegkochen, aber kulinarisch zu verreisen ist neue Motivation in der Küche. Also geht es zuerst nach Kreta, dann nach Thailand und dann ins geliebte Indien, das man sich aus epischen Romanen und vielen Currys selbst geschaffen hat. Bei den Zutaten nimmt man es nicht sehr genau und so entsteht das, was der Gastrokritiker „Fusion“ nennt. Fusion hat es immer schon gegeben, man erinnere sich an die 80er-Jahre, als die Tomatensauce nur mit ein paar Löffel Zucker richtig schmeckte. Groß war die Enttäuschung, als es zum ersten Mal in Italien richtige Pasta gab und Pizza, auf der fast nichts drauf lag.

Manche Tätigkeiten, die sonst für Ablenkung sorgen, funktionieren nicht mehr so gut. Romane zu lesen etwa, die Gedanken wandern ab, vielleicht ist es auch einfach das falsche Buch. Rezepte lesen geht besser, Kochbücher sind Balsam für alle, die ein Happy End suchen. Die Zutaten sind überschaubar, die Zubereitung funktioniert, wenn auch nur in Gedanken.

„Ich möchte endlich wieder über etwas anderes sprechen“, sagt eine Freundin. Das können wir gern, lass uns einen Pyjama anziehen und ein bisschen spazieren gehen.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2021)

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