Neben der Abwasch sammelt sich das Leben

Viele Knöpfe finden sich schon hier, aber der eine, der bei dem Mantel fehlt, ausgerechnet der mittlere, ist nicht dabei.
Viele Knöpfe finden sich schon hier, aber der eine, der bei dem Mantel fehlt, ausgerechnet der mittlere, ist nicht dabei. Michele Pauty
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Alles, was im Lauf des vergangenen Jahres entrümpelt worden ist, ist wieder da. Auf geheimnisvollen Pfaden sind Dinge zurückgekehrt, manche kamen auch in einem Packerl angereist. So es angekommen ist, denn nun, da immer jemand daheim war, ist klar: Bestellen ist einfach, der Rest hängt vom Lieferanten ab.

Von den Rändern her müllt die Wohnung also wieder zu, und wer sich mancher Sachen heimlich entledigen will, legt sie in die Küche neben die Abwasch. Warum das so ist, bleibt rätselhaft, aber eine mögliche Erklärung könnte sein, dass diese Region „No Man's Land“ ist oder aber einfach „Mother's Land“, aber das ist für manche im Grunde dasselbe.

Hier finden sich also Kerzenreste, eine Schraube, der Abdeckdeckel eines Batteriefachs, Zuckerln, ein paar Münzen, eine Visitenkarte, Gutscheine (abgelaufen), ein Keks, Batterien, Minen von Kugelschreibern, ein Knopf und ein paar mit mysteriösen Zeichen beschmierte Zetteln. Nun, man könnte das Ganze einfach kommentarlos wegschmeißen, aber es bleibt ein Zweifel. Der Deckel könnte zur Fernbedienung eines wichtigen Geräts gehören und nicht zu einem ferngesteuerten Auto, das ohnehin kaputt ist. Und wenn diese eine Schraube jene ist, ohne die alles zusammenbricht?

Der Knopf sollte dorthin, wo die Mini-Nähzeugsets sind, die man von Hotels (als man noch reiste) mitgebracht hat. Kann man immer brauchen, sind aber alle unbenutzt. Viele Knöpfe finden sich schon hier, aber der eine, der bei dem Mantel fehlt, ausgerechnet der mittlere, ist nicht dabei. Eine sinnlose Übung also.

Dinge, die irgendwo einmal dazugehört haben, beherzt wegzuwerfen, ist nicht so einfach. Dafür wurden Krimskramsladen erfunden und Sammelsurium-Schächtelchen, und so wächst das Leben zu, bis wieder entrümpelt wird. Jemand hat erzählt, dass eine Frisur immer drei schlechte und in der Folge zwei gute Wochen hat, und dieser Zyklus dürfte auch auf die Rumpelkammer Leben zutreffen.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

(("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2021))

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