Mein Samstag

Papierschnipsel-Sammeln

Auch eine Art Papierschnipsel, Konfetti
Auch eine Art Papierschnipsel, KonfettiImago Images
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So ein leichter Sammelwahn, wie er mich seit vielen Jahren treu begleitet, hat auch sein Gutes. Es geht bei uns fast nichts verloren. Wir finden zwar nicht immer alles gleich (manches auch nie), können aber mit der Gewissheit leben, dass das Gesuchte anwesend, wenn auch vorübergehend unauffindbar ist.

Neulich sind zum Beispiel ein paar alte Zeichnungen vom Kind aufgetaucht, darunter ein Bild einer „Königsfamilie Heidelberg“. Bei der der König himself leider fehlt. Da das Kind damals mit seiner Zeichnung des Königs nicht und nicht zufrieden war, wurde er kurzerhand ausradiert. Neben Königin Jasmin (47) und zwei Prinzessinnen findet sich dort, wo der König stehen sollte, ein Loch, das mit der Info gefüllt wurde: „Der König ist zurückgetreten. Er ist jetzt der Koch.“ Weil er sich nicht gut zeichnen ließ, musste er also gleich sein ganzes Königreich abgeben.

Mit der Darstellung des Manns mit Kochhaube war das Kind dann zufrieden: Als „Alexander, Koch (früher König)“ steht er nun beim Personal. Während wir über den armen zurückgetretenen König Alex lachen (wer weiß, ob er nicht als Koch glücklicher ist, Königin Jasmin sieht recht streng aus), fallen mir noch ein paar andere frühere Zeichenprojekte ein. Eine Zeit lang hat das Kind Miniaturbildchen gemalt: Dazu hat es auf futzikleine (großartiges Wort, nicht?) Papierstreifen Höhlen oder Häuser gemalt, auf die dann noch futzikleinere bemalte Papierchen gelegt wurden, die – unter der Lupe einwandfrei erkennbar – deren Bewohner dargestellt haben: ein Eichhörnchen mit Hut oder einen Minihirsch namens Reh. Diese Zeichenphase war zwar einerseits platzsparend, andererseits auch extrem heikel: Denn oft war nicht gleich erkennbar, ob es sich bei den vielleicht 0,5 Zentimeter kleinen Schnipseln um Bastelabfall oder Kunstwerke handelte. Zudem lassen sich derart kleine Schnipsel schwer lagern, sie rutschen aus Mappen oder werden zerdrückt. Aufgehoben haben wir sie – mit Ausnahme einiger bedauerlicher Einzelfälle, die ich möglicherweise eingesaugt habe – aber bestimmt alle. Irgendwo. Geht ja nichts verloren bei uns.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2021)

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