Wiener Ansichten

Wie die Wikinger in die Freudenau kamen

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21 Kreuzfahrtschiffe und die Tourismusaversion: Lokalaugenschein im Wiener Hafen.

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Nun sind sie also doch noch bis an den Donaustrand gekommen, die Wikinger, zwar erst ein gutes Jahrtausend nach den schlimmsten Tagen der Wikingerstürmerei, aber desto weniger übersehbar. Ein ganzes Hafenbecken haben sie mit Beschlag belegt, die Viking Var und die Viking Lofn und die Viking Gullveig und wie sie alle heißen, eine mächtige Flotte, 21 Schiffe an der Zahl, und wer's nicht besser wüsste, könnte sich leicht hoch droben im Skandinavischen wähnen angesichts so viel schiffsnamentlicher Nordmythologie.
Doch nein, weiter nichts Nordisches findet sich da, wo sie liegen, eher Balkanisches schon, das Südosteck von Wien, der Hafen in der Freudenau, und ist an den Langschiffen auch kein Drachenkopf zu sehen und kein einziges Segel, dafür als Heimstatt Basel vermerkt, ein, was räuberische Seefahrt betrifft, bisher in keiner Saga bedachter Ort. Je nun, wir haben's schließlich nicht mit Raubzug und Plünderung zu tun, vielmehr mit moderner Flusskreuzfahrt, und wenngleich manche meinen mögen, diese trenne von jener zwar die Art der gewählten Mittel, doch kaum das ökonomische Ziel, dann strafen sie eine Branche mit Häme, die dieser Corona-Tage auch ungehämt tief genug darniederliegt.
Freilich, nicht der Pandemie ist geschuldet, dass eine Armada von Flusskreuzfahrtschiffen in der Freudenau besserer Tage harrt, ähnlich den Ballungen ihrer Riesenbrüder zur See, wie wir sie auf Fotografien vom Ärmelkanal oder aus Hamburg gesehen haben. Hierorts habe dergleichen mit Viren und Lockdown nichts zu schaffen, tut der Hafen Wien auf Anfrage kund, vielmehr nütze seit Jahren eine Reederei den hiesigen Hafen „in den tourismusaversen Winter- und Frühjahrsmonaten zum Abstellen ihrer nicht genutzten Schiffe“. Und wie schnell wird die Tourismusaversion auch in so durch und durch tourismusaversen Zeiten wie diesen schwinden?

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