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Die Welt im Wettlauf

An der Copacabana in Rio de Janeiro, am Beach in Miami und in der Hölle wurde gleichzeitig gelaufen.

Die ganze Welt war unterwegs. Die Läufer haben sich alle gleichzeitig in Bewegung gesetzt – an der Copacabana in Rio de Janeiro, am Beach in Miami und mitten in Tokio. So hörte ich das den Kommentator mit euphorischer Stimme durch die Kopfhörer in meinem Ohr sagen – während ich vorbei am örtlichen Lagerhaus und Adeg lief.

Ich bin gemeinsam mit 184.235 anderen Teilnehmern den Wings for Life World Run für die Rückenmarksforschung gelaufen. Das ist mittlerweile zwar schon ein Weilchen her (9. Mai). Ich will es trotzdem erzählen. Denn es ist mit Abstand das beste Online-Erlebnis in der Pandemie gewesen. In 151 Ländern sind die Läufer zeitgleich losgerannt. In meinem Fall ist die Startlinie vor dem Feuerwehrhaus in der oberösterreichischen Heimat gewesen. Den Startschuss hat der Kommentator, den ich durch die Ohrstöpsel hörte, gegeben. Dann ist jeder seine eigene von der Handyapp aufgezeichnete Strecke gelaufen.

Mich hat der Weg direkt in die Hölle – ja, so heißt der Ortsteil wirklich – geführt. Tatsächlich ist es aber sehr himmlisch gewesen. Es war die perfekte Kombination aus ruhigem Dauerlauf vorbei an Wiesen, Wäldern und Bächen und lautem Wettkampfgetöse, das alle paar Minuten aus den Kopfhörern kam. Es hat keine Rempelei, aber doch das Gefühl einer Massenveranstaltung gegeben. Ab und zu ist einem sogar ein wissend grinsender und winkender Läufer mit Stöpseln in den Ohren entgegengekommen. Und sogar jubelnde Fans und ein Erfrischungsgetränk hat es am Streckenrand gegeben.

Nach 30 Minuten hat der Kommentator aber eine Warnung ausgesprochen. Da hat nämlich das sogenannte Catcher Car seine Aufholjagd begonnen und nach und nach die Läufer und Rollstuhlfahrer zum Aufhören gezwungen. Nach einer Stunde, 22 Minuten und 12,7 Kilometern (die Streckenmessung ist nicht ganz korrekt gewesen) hatte es mich eingeholt. Damit bin ich im weltweiten Wettlauf in meiner Klasse auf Rang 14.840 gelandet. Das ist ausbaufähig. Nach dem motivierenden virtuellen wird aber sicher bald ein reeller Wettkampf folgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2021)

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