Gegengift

Wo befindet sich der nächste Tempel des Apollo Sosianus?

Aufregung in Österreich wegen einer „Islam-Landkarte“: Darf man das dokumentieren? Suchmaschinen können das doch viel besser.

Die diversen kulturellen Klubs in den geräumigen Hallen des Gegengifts haben zum Teil gegensätzliche Vorlieben. Eine eint sie: Jede Abteilung besitzt Landkarten. Bei den Xia-Anhängern ruht das mythische Yangcheng in der Mitte der Welt, bei Transatlantikern Belle Fourche in South Dakota. Die Verehrer des Imperium Romanum wissen nicht genau, welche Stadt ihr Zentrum sei. Die einen meinen Rom, die anderen Istanbul. An der Wand in diesem Klub hängt die Tabula Peutingeriana, die von Iberien bis Indien führt. Ungefähr in der Mitte liegt darauf Antiochia.
Persönlich besitze ich eine laminierte Wanderkarte des Helenentals im Maßstab von 1:40.000. Südlich von Mayerling und Heiligenkreuz, wahrscheinlich beim Helenenstüberl, ist ihr Angelpunkt. Aber wer weiß, ob ich das hier überhaupt noch schreiben darf. Vielleicht fühlt sich das fromme Stift verletzt, dass es mit dem Habsburger-Selbstmörder-Jagdschloss in Verbindung gebracht wird. Vielleicht will das Stüberl Geheimtipp bleiben.

Landkarten sind nämlich mancherorts gerade wieder in Verruf geraten. Nicht mehr so sehr, weil Stalin, Hitler und Mao begeisterte Kartenleser waren. Nicht einmal, weil Palästinenser und Israeli unterschiedliche Vorstellungen davon haben, welcher Brunnen und welches Grabmal wem gehört. Sondern aus einem lokalen Grund: Die Bundesministerin für Integration hat im Verein mit der Dokumentationsstelle Politischer Islam eine Online-„Islam-Landkarte“ vorgestellt. Eine vielleicht entbehrliche Übung: Die einen fürchten sich, dass es so viele Moscheen gibt, die anderen, dass ihre Einrichtung mit einer radikalen verwechselt werden könnte. Integrativ scheint das nicht zu wirken.

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