Straßenverkehr.

Zahl der Drogenlenker steigt stark an

Lenker unter Suchtgifteinfluss seien ein unterschätztes Problem, kritisieren Experten. Sie fordern ein Kontrollsystem wie bei Alkohol am Steuer.

Wien. Die Zahl jener Menschen, die unter Drogeneinfluss ein Auto lenken, ist in Österreich in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das ergibt eine im Mai durchgeführte Dunkelfeldstudie des Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV).

In den vergangenen zwölf Monaten haben der Studie zufolge 204.000 Menschen ein Fahrzeug gelenkt, obwohl sie unter Drogeneinfluss standen. Das sind um fünfzehn Prozent mehr als im Jahr 2017, als das KFV ebenfalls eine derartige Studie durchgeführt hat: Damals waren es 177.000 Lenkern unter Drogeneinfluss. Durchgeführt wurde die Studie mit 1000 Lenkern österreichweit, die Ergebnisse werden dann auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.

„83 Prozent der Drogenlenker waren dabei männlich, der Großteil unter 40 Jahren,“ sagt KFV-Direktor Othmar Thann. Allerdings verzeichnet man auch bei den Lenkerinnen unter Drogeneinfluss eine Steigerung. Bei vielen Menschen würde das Bewusstsein, wie gefährlich es ist, ein Fahrzeug unter Suchtgifteinfluss zu lenken, fehlen, so Thann. „Sie sagen, sie trinken ohnehin keinen Alkohol.“

Dabei würden Drogen die Wahrnehmung sowie Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen und seien eine erhebliche Gefahr im Straßenverkehr. „Drogen am Steuer wurden und werden unterschätzt von den politisch Verantwortlichen und den Drogenlenkern selbst“, sagt der Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) bei einer Online-Pressekonferenz am Freitag. Und: „Unfälle unter Drogeneinfluss sind in den meisten Fällen besonders schwere Unfälle, bei welchen immer wieder unschuldige Menschen schwer verletzt oder getötet werden.“

Auch die Zahl der Anzeigen ist gestiegen: Im Vorjahr gab es 5519 Anzeigen wegen Fahrens unter Drogeneinfluss – um 26,5 Prozent mehr als 2019. Damals wurden 4365 suchtgiftbeeinträchtigte Fahrer von der Polizei angezeigt. Laut Innenministerium wurden im heurigen Jahr – Stand 30. April – bereits 2574 Drogenlenker angezeigt. Dabei handelt es sich jedoch um ein sogenanntes Kontrolldelikt: Je mehr die Exekutive prüft, desto mehr Lenker werden erwischt und angezeigt.

Das KFV weise seit Jahren auf die Problematik hin, passiert sei zu wenig: „Es ist wichtig, die Zahl der Drogenlenker zu reduzieren. Zur Erreichung dieses Ziels muss ein treffsicheres System geschaffen werden, wie es bei Alkohol schon seit Jahren besteht“, sagt Thann. „Dennoch testet die Exekutive in Österreich seit mehr als 15 Jahren Drogenvortestgeräte, ohne einen systematischen und flächendeckenden Einsatz umzusetzen.“
Diese Drogenvortestgeräte müssten, kritisiert Thann, viel breiter zum Einsatz kommen. Zudem müssten die Polizisten speziell ausgebildet werden. Eine umfassende Reform zur Drogendetektion im Straßenverkehr steht hier für Österreich schon lang aus.

Verkehrslandesrat Schnöll glaubt, „dass Corona diese Situation befeuert hat. Wir benötigen moderne zielgerichtete Maßnahmen wie in vielen anderen Ländern Europas, um Drogenlenker noch effizienter aus dem Verkehr ziehen zu können“.
Das Innenministerium gab auf APA-Anfrage bekannt, dass die Polizei österreichweit derzeit 41 sogenannte Reader verwendet, bei denen Drogen-Teststreifen ausgewertet werden. Allerdings sind diese bei den verwendeten immunologischen Teststreifen nicht zwingend erforderlich. Diese ähneln den Corona-Antigen-Schnelltests: Somit kann auch mit bloßem Auge gesehen werden, ob ein Drogentest positiv oder negativ ausfällt.

Wie viele derartige Teststreifen in den Landespolizeidirektionen verwendet werden, konnte nicht bekannt gegeben werden. Diese werden von den einzelnen Landespolizeidirektionen bestellt, hieß es aus dem Ministerium.
Hat die Polizei den Verdacht, dass ein Lenker Drogen konsumiert hat, muss dieser einem Arzt vorgeführt werden. Erhärtet sich im Zuge der Untersuchung der Verdacht, dass eine Beeinträchtigung durch Suchtgift vorliegt, so hat der Arzt eine Blutabnahme durchzuführen. Dieser Blutabnahme muss sich der Betroffene unterziehen – sie darf aber nicht zwangsweise vorgenommen werden.

Heuer bisher 103 Verkehrstote

Unterdessen gab der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) bekannt, dass seit Jahresbeginn auf Österreichs Straßen 103 Menschen ums Leben gekommen sind – damit um 15 Menschen weniger als im gleichen Zeitraum des (Corona-)Jahres 2020. Die Hauptunfallursachen waren zu hohes Tempo, Ablenkung und Unachtsamkeit. Die meisten Verkehrstoten (je 28) gab es dabei in Ober- und Niederösterreich. (APA/mpm)

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