Messtechnik

Der kleinste Feinstaub-Sensor der Welt lässt Radler aufatmen

Der Mini-Sensor kann ins Smartphone eingebaut werden und so überall in Echtzeit messen.
Der Mini-Sensor kann ins Smartphone eingebaut werden und so überall in Echtzeit messen. © Helmut Lunghammer
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Ein mobiler Sensor sagt mehr über die Luftgüte aus als stationäre Messstellen. In Berlin will man eine Grazer Entwicklung nutzen, um Fahrradboten auf den Routen mit der besten Luft durch die Stadt zu lotsen. So ließen sich auch die gesundheitlichen Folgen von Feinstaub erforschen.

Radfahren ist gesund – in der Stadt allerdings weniger als auf dem Land. Denn wenn man sich auf seinem Drahtesel im dichten Morgenverkehr zwischen den Autos durchschlängelt, kann es passieren, dass die Lunge mehr Feinstaub als Frischluft abbekommt. Und der geplagte Pedalritter merkt gar nicht, wie viele Schadstoffe da in seinen Körper gelangen.

Abhilfe schaffen könnte der kleinste Partikelsensor der Welt, der von Forschern der TU Graz entwickelt wurde. Er ist nur etwa so groß wie zwei aufeinandergelegte Münzen und kann beispielsweise ins Smartphone eingebaut werden. Über eine App ließe sich dann die Qualität der Umgebungsluft in Echtzeit anzeigen. „Handy-Anwendungen, die die kürzeste oder schnellste Route berechnen, gibt es ja schon seit Langem. Der Sensor könnte die Daten für ein Navi liefern, das den Weg mit der geringsten Feinstaubbelastung zeigt“, sagt Alexander Bergmann, Leiter des Instituts für Elektrische Messtechnik und Sensorik.

Die Bestimmung der Luftgüte mithilfe eines mobilen Sensors sei wesentlich aussagekräftiger als die Ergebnisse stationärer Messstellen, denn „die Feinstaubbelastung kann ein Hauseck weiter schon ganz anders sein“. In Berlin will man die Grazer Idee aufgreifen und in einem Pilotprojekt Fahrradboten mit Sensoren ausrüsten. Die entsprechende App muss noch fertiggestellt werden.

Welche Schadstoffe werden eingeatmet?

Der Sensor könne auch dazu beitragen, die medizinischen Folgen von Feinstaub genauer zu erforschen, so Bergmann, „weil man dank eines mitgeführten Sensors genau weiß, welche und wie viele Partikel ein Mensch im Tagesverlauf einatmet“. Feinstaub ist die Sammelbezeichnung für verschiedene Schadstoffpartikel, die in der Luft schweben. Als Hauptverursacher gilt der Straßenverkehr durch Verbrennungsmotoren, Brems- und Reifenabrieb. Die unsichtbaren Teilchen gelangen bis in die Lunge sowie in den Blutkreislauf und gelten daher als besonders gesundheitsschädlich. Derzeit können die Mediziner jedoch nur von Annahmewerten ausgehen.

Entwickelt wurde der Mini-Sensor von den TU-Experten rund um Bergmann und Paul Maierhofer gemeinsam mit Fachleuten des Halbleiterherstellers AMS-Osram und der Silicon-Austria-Labs, einer Grazer Forschungseinrichtung. „Der Trick ist, dass das Gehäuse nicht nur die Leiterplatte mit ihren optischen, elektrischen und elektronischen Elementen schützt, sondern auch mit Funktionalität ausgestattet ist“, verrät Bergmann. „Unter anderem führt es den Luftstrahl durch den Sensor.“

Das Team der TU bringt seine Expertise zudem in das EU-Projekt „City Air Remote Emission Sensing“ ein. Dabei geht es nicht darum, den Routen mit der ärgsten Emissionsbelastung auszuweichen, sondern darum, die Luftqualität in den Städten generell zu heben. Grundlage dafür sind Sensoren, die am Straßenrand montiert werden und den Schadstoffausstoß vorbeifahrender Autos registrieren. In der italienischen Metropole Mailand beginnt man im Herbst mit dem Anbringen der in Graz entwickelten Messgeräte, erklärt Bergmann. Fahrzeuge mit besonders hohen Emissionswerten könne man, ähnlich wie Temposünder, über die Nummerntafel identifizieren. Die Mailänder Stadtverwaltung überlegt die Einführung eines Systems, das solchen „Schadstoffschleudern“ höhere Mautgebühren auferlegt. Seitens österreichischer Stadtverantwortlicher, bedauert Bergmann, zeige man an den Entwicklungen aus Grazer Forschung zumindest derzeit nur bedingtes Interesse.

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