Kärnten

Harmonika Müller spielt weltweit auf

(C) Wieland
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Den Klang von Harmonika Müller aus dem Lavanttal hört man bis nach Amerika und Australien. Kärntens bestes Familienunternehmen produziert jährlich in Handarbeit rund 1600 Steirische Harmonikas.

Seit 45 Jahren spielt die Musik in Bad St. Leonhard auf – hat sich die beschauliche Gemeinde im Lavanttal doch zum gesuchten Ort für Steirische Harmonikas entwickelt. 1976 wurde der kleine Familienbetrieb von Edith und Peter Müller als Mietwerkstätte gegründet.

„Am Anfang war es nicht so einfach, wir hatten ja keinen Namen. Müller kannte niemand“, sagt Edith Müller, die peu à peu ins junge Unternehmen hineingewachsen ist. Ihr Mann war der Musikant und hat den Beruf des Harmonika-Bauens gelernt. „Nach zwei, drei Jahren ist die Nachfrage schon immer größer geworden, und da haben wir uns entschieden, dass wir selbst bauen und uns vergrößern.“ Die Harmonika Müller GmbH hat sich auf die Produktion von Steirischen Harmonikas spezialisiert und dann bald einmal sechs, sieben Leute beschäftigt.

Das Spezielle an der Steirischen Harmonika – die nicht aus der Steiermark stammt, sondern in Wien ihren Ursprung hat – erklärt Marcel Müller, der Sohn von Edith Müller: „Die Steirische Harmonika ist ein diatonisches Instrument, wobei Druck und Zug einen unterschiedlichen Ton machen, im Gegensatz zu den Akkordeons, bei denen beim Spielen der Tasten bei Druck und Zug immer der gleiche Ton entsteht. Somit ist das eine ganz andere Musik und Musikrichtung, die man mit so einem Instrument spielt.“

Eine Steirische Harmonika ist kompliziert in der Herstellung. „Eigentlich ist jede ein Unikat mit 2500 bis 2700 Teilen“, sagt Marcel Müller. Je nach Ausstattung braucht die Herstellung einer Harmonika zwischen 30 und 120 Arbeitsstunden. Herzstück sei die Stimmplatte – sie macht den Klang. Sie ist daher auch das Aufwendigste, das bei der Harmonika gemacht wird. „Das Stimmen einer Harmonika dauert sieben bis zehn Stunden“, erklärt der Juniorchef. „Das Stimmen ist eine ganz präzise und genaue Arbeit. Bis man das richtig beherrscht, dauert es oft jahrelang.“

Generell sei aber die Harmonika-Herstellung eine millimetergenaue Arbeit. „Es kommt auf die ganze Verarbeitung an, aufs Innenleben, auf die Mechanik. Darum haben wir uns insofern spezialisiert, dass wir alles im Haus selbst produzieren und nicht von irgendjemanden abhängig sind“, sagt Marcel Müller. „Und dadurch wissen wir auch, dass die Qualität passt.“

39 Beschäftigte haben die Müllers heute, die im Jahr etwa 1600 Harmonikas herstellen können. Weil alles seine Zeit braucht, muss man mit einer Lieferzeit von vier bis sechs Monaten rechnen. Der Hauptabsatzmarkt sind Österreich und Deutschland – es geht aber auch darüber hinaus. „Durch den Online-Unterricht wird jetzt auch Übersee immer mehr ein Thema: Jetzt kommen aus den USA, aus Kanada und Australien immer mehr Aufträge herein“, sagt Marcel Müller.

Er und seine Zwillingsschwester, Janine Müller, sind seit 2014 fix im Unternehmen. Sie waren damals erst 20 Jahre alt. Sie sind gern in den Familienbetrieb gekommen, hätten sich aber genauso gern noch Zeit gelassen. Das spielte es aber nicht.

„Es war ein großer Schock für uns alle“, sagt Edith Müller über den Sommer 2014. „Da hatte mein Mann einen Herzinfarkt. Wir haben zwar alle über Wochen gehofft, aber er hat es leider nicht geschafft. Und dann sind wir dagestanden mit dem Betrieb.“

Edith Müller musste übernehmen: „Ein Vorteil war, dass ich immer in der Firma war und über alles Bescheid wusste“, erzählt die Chefin. „Und dann haben sich die Kinder entschieden, dass sie in der Firma bleiben. Wir haben langjährige Mitarbeiter und haben alle gut zusammengearbeitet. Das hat uns zusammengeschweißt. Und irgendwie war für uns dann klar, wir schaffen das schon und zeigen, dass wir es können.“

Die Kinder waren von klein auf im Betrieb dabei, haben mitgeholfen, Knöpfe gepickt, sind hineingewachsen: „Als das damals mit dem Vater passiert ist, haben meine Schwester und ich uns entschieden, in die Firma einzusteigen. Weil es einfach schön ist, dass das ganze Handwerk, alles, was sich die Eltern aufgebaut haben, weiterführt wird“, sagt Marcel Müller. Er strebt dabei seiner Mutter nach und kümmert sich um den Verkauf. Seine Schwester Janine fühlt sich in der Produktion wohl.

  • Firmensitz: Bad St. Leonhard
  • Gründung: 1976
  • Heute in der 2. Generation
  • Eigentümerfamilie: Müller
  • Umsatz: 4 Millionen Euro
  • Beschäftigte: 39
  • Branche: Produktion und Vertrieb von Steirischen Harmonikas

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2021)

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