Wien-Wahl: Häupls Match um die letzte rote Absolute

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Bei der Gemeinderatswahl am Sonntag kämpft die SPÖ um den Erhalt ihrer absoluten Mandats-Mehrheit. Glaubt man den Umfragen, wird es knapp. Die FPÖ dürfte die ÖVP vom zweiten Platz verdrängen.

Es geht um die letzte rote Bastion: Wien ist das einzige Bundesland, in dem die SPÖ derzeit eine absolute Mandats-Mehrheit hat. Ob Bürgermeister Michael Häupl diese halten kann, ist die Kernfrage bei der heutigen Gemeinderatswahl. Die anderen Parteien haben sich ausdrücklich zum Wahlziel gesetzt, die Absolute zu brechen.

Bei der letzten Wahl 2005 kam die SPÖ auf 49,1 Prozent. Dank des mehrheitsbegünstigenden Wahlrechts dürften für den Erhalt der Absoluten um die 46 Prozent reichen. Glaubt man den Umfragen, wird es knapp: Meinungsforscher sagten der SPÖ zuletzt zwischen 44 und 47 Prozent voraus.

Die ÖVP landete bei der letzten Wahl auf dem zweiten Platz. Den wird sie diesmal aller Voraussicht nach an die FPÖ verlieren: In den Umfragen liegt die Volkspartei bei 16 bis 17 Prozent, die Freiheitlichen bei 21 bis 23. Den Grünen werden 12 bis 13 Prozent vorausgesagt.

Ebenfalls landesweit ins Rennen gehen die KPÖ mit Spitzenkandidat Dietmar Zach und das BZÖ unter dem Ex-ORF-Journalisten Walter Sonnleitner. Beiden Parteien werden aber so gut wie keine Chancen eingeräumt, die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in das Stadtparlament zu überspringen.

ÖVP, FPÖ und Grüne wollen in die Regierung

Häupl hat sich im Wahlkampf standhaft geweigert, laut über eine mögliche Koalition nachzudenken. „Wann's geht" wolle er auch nach der Wahl ohne Partner auskommen, sagte er bei der „Elefantenrunde" im ORF. Die neue VP-Landesparteichefin Christine Marek hingegen legte sich fest: Sie will mit der SPÖ zusammenarbeiten - beziehungsweise, in ihrer Diktion, „der schwarze Lotse für den roten Jumbo" sein.

Auch Grünen-Spitzenkandidatin Maria Vassilakou hat sich eine Koalition mit den Sozialdemokraten zum Ziel gesetzt. FPÖ-Chef und Wien-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache hat ein noch höheres Ziel: Er will Bürgermeister werden. Gegen Ende des Wahlkampf ergänzte er, sich notfalls auch mit dem Vizebürgermeister zufrieden geben zu wollen. Für beides gehen die Chancen freilich gegen Null: SPÖ, ÖVP und Grüne haben eine Zusammenarbeit mit Strache ausgeschlossen.

Stadtregierung

Die Regierung wird in Wien nach dem Proporzsystem gebildet. Alle in den Gemeinderat gewählten Parteien haben „nach Maßgabe ihrer Stärke" Anspruch auf Regierungsposten. Diese sind aber nicht automatisch mit der dazugehörigen Macht - also einem Ressort - verbunden. Stadträte ohne Geschäftsbereich heißen „nicht amtsführende Stadträte". Sie dürfen an den Sitzungen des Stadtsenats teilnehmen. Wer „amtsführender Stadtrat" mit eigenem Ressort wird, entscheidet die Mehrheit im Gemeinderat.

Derzeit stellt die SPÖ alle amtsführenden Stadträte. Die Grünen und die ÖVP haben jeweils zwei ressortlose Stadträte, die FPÖ einen.

Wahlkampf: FPÖ-Aktionen sorgten für Wirbel

Der Wahlkampf verlief relativ inhaltsarm und auch weniger scharf, als Viele im Vorfeld vermutet hatten. Häupl setzte auf eine Wohlfühlkampagne und lobte die hohe Lebensqualität der Stadt, die es zu erhalten gelte. Kurz vor der Wahl schaffte er es dann mit seiner Forderung nach einer Volksbefragung zur Wehrpflicht in die Schlagzeilen.

Auch Marek brachte sich mit einem Beitrag zur Bundespolitik ins Gespräch: Sie forderte eine Arbeitspflicht für Mindestsicherungs-Bezieher. In der Landespolitik setzte sie auf die Themen Bildung und Integration. Der dazugehörige Slogan lautete „Reden wir über Bildung. Am besten auf Deutsch".

Strache sprach seine Anhänger mit seinen bewährten Wahlkampf-Themen Ausländer und Sicherheit an. Mit „Mehr Mut für Wiener Blut"-Plakaten und einem Comic, in dem er einen Buben auffordert, „Mustafa" mit der Steinschleuder eine „aufzubrennen" sorgte er für Aufregung. Zuletzt legte er dann noch einen Drogentest vor, um zu beweisen, dass er „sauber" sei.

Vassilakou musste sich im Sommer mit internen Querelen herumschlagen: In der Josefstadt und in Mariahilf spalteten sich die Bezirksgruppen. Dort tritt nun jeweils eine Konkurrenzliste unter dem namen „Echt Grün" an. Im Wahlkampf forderten die Grünen den Ausbau der Öffis samt günstigeren Tickets,  und Investitionen in Ökotechnologie. Außerdem positionierte sich Vassilakou ausdrücklich als Strache-Gegenpol: „Was könnte Strache Grauslicheres passieren als eine Migrantin als Vizebürgermeisterin", so die griechischstämmige Politikerin.

Letzte Landtagswahl bis 2013

Die Bundesparteien werden den Wahlabend gespannt verfolgen. Die Wien-Wahl ist der letzte größere Stimmungstest für eine sehr lange Zeit: Ein Jahr lang wird weder auf Bundes- noch auf Landesebene irgendwo (regulär) gewählt. Die nächste Gemeinderatswahl gibt es im Oktober 2011 in St. Pölten, die nächste Landtagswahl erst im März 2013 in Niederösterreich.

Bei der FPÖ ist das Ergebnis schon allein deshalb über die Landesgrenzen hinweg relevant, weil Strache Bundes- und Landesobmann in einer Person ist. Die SPÖ hat nach einer langen Serie von Wahlniederlagen vor zwei Wochen in der Steiermark den Landeshauptmann-Sessel verteidigt, nun hofft man auf einen weiteren Erfolg.

Auch Bezirksvertretungen werden neu gewählt

Auch die 23 Bezirksvertretungen werden am Sonntag neu gewählt. Derzeit stellt die SPÖ 16 Bezirksvorsteher, die ÖVP fünf, und die Grünen zwei.

Wahlschluss ist am Sonntag um 17 Uhr. Anders als bei anderen Wahlen wird es zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Hochrechnungen geben, da in Wien alle Wahllokale gleichzeitig schließen. Das Institut SORA wird aber eine Trendabschätzung veröffentlichen, die auf Umfragedaten basiert. Diese bietet aber nur eine „Abschätzung der Spielräume" und kann vom Ergebnis deutlich abweichen.

Die erste Hochrechnung ist für 18 Uhr geplant. Das vorläufige Endergebnis wird für 19.30 bis 20.00 erwartet. Wegen der Briefwähler könnte der Fall eintreten, dass am Wahlabend noch kein aussagekräftiges Ergebnis vorliegt. Die erste und größte Tranche der Wahlkarten wird am 12. Oktober ausgezählt. Das endgültige Ergebnis wird am 18. Oktober feststehen.

Alle Hochrechnungen, Ergebnisse, Analysen und Reaktionen laufend auf DiePresse.com.

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