Wiener Ansichten

Gumpendorf: Ein Kunststück am Gürtel – und keiner schaut hin

wf
  • Drucken

Magistratisch bis in die Grundmauern, landfeudal im Habitus: die Hauptfeuerwache Mariahilf.

wf
wf

Stellen Sie sich vor, es ist Kunst, und keiner schaut hin. Dabei kann man keineswegs behaupten, das Kunststück, von dem hier die Rede ist, hielte sich bescheiden im Hintergrund. Fast 80 Meter breit, baut es sich zwei- und dreigeschoßig an durchaus markantem Orte auf, zudem noch überragt von einem schmucken Turm. Und auch an der Zahl der hier Vorbeiströmenden mangelt's nicht: Zigtausende müssen es täglich sein.
Gerade das freilich ist in diesem besonderen Fall Teil des Achtsamkeitsproblems. Denn die weit überwiegende Mehrheit der hier Passierenden befindet sich zum Zeitpunkt ihrer Passage in ihren Automobilen, und das an einer Stelle, die ihre ganze Aufmerksamkeit notwendigerweise statt auf die Architektur der anliegenden Gebäude auf die Straße lenkt: dort nämlich, wo der Gürtel die Linke Wienzeile quert.
Hier, genauer an der Adresse Gumpendorfer Gürtel 2, befindet sich seit 1914 die Hauptfeuerwache Mariahilf, und wer sich der Mühe unterzieht, einmal per Rad, Straßen- oder U-Bahn anzureisen, wird mit einem Anblick belohnt, der aufs Erste in Nichts daran erinnert, womit man's in Wahrheit doch zu tun hat: mit einem reinen Zweckbau nämlich. Seinem Habitus nach scheint, was sich da offeriert, eher an ein Jagdschlösschen zu gemahnen, und wüsste man's nicht besser, könnte man glatt glauben, nicht Feuerwehrfahrzeuge seien es, die hinter den großen Toren warten, sondern die Kutschen einer romantiktrunkenen Gutsherrschaft.
Dennoch, magistratisch bis in die Grundmauern ist die Baulichkeit: Das hiesige Stadtbauamt zeichnete für die Planung verantwortlich. Moderne Feuerwehrtechnik der Zeit war ehedem der Inhalt, moderne Feuerwehrtechnik wird's auch heute sein. Die Form dazu: vom ersten Tag an ein Stück weit Nostalgie – am Vorabend des Untergangs einer Monarchie.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.