Über einen Fehler und warum etwas, was lang falsch war, mittlerweile doch als korrekt gilt.
Es ist immer schön, recht zu haben. Tatsächlich kam viel Beifall nach der Kolumne vom vergangenen Montag, in der ich geschrieben hatte, dass Schlagobers sächlich ist und wer „der Schlagobers“ sagt, völlig daneben liegt. Allein, ein Leser wies mich darauf hin, dass im „Österreichischen Wörterbuch“ („ÖWB“) das Wort Obers mit der Anmerkung „das=der“ zu finden ist. Nicht im Ernst? Ungläubig schaute ich daheim ins Buch – und was soll ich sagen, er hat recht. Wie kam ich dann darauf, dass „der Obers“ falsch ist? Nun, das ÖWB hat eine Onlineausgabe, auf die man mit einem Code aus dem Buch Zugriff bekommt, in der auch ich immer recherchiere. Und dort stand bei Obers nur das Neutrum. Äh.
Die freundlichen „ÖWB“-Mitarbeiterinnen, bei denen ich nachfragte, gestanden ein wenig zerknirscht ein, dass die Online-Ausgabe hier fehlerhaft sei. Und dass man den Eintrag bald ändern werde. Aber damit war meine Neugier noch nicht befriedigt – denn seit wann darf Obers auch männlich sein? Nun, seit etwa 2016, als die 43. Auflage des „ÖWB“ erschien. In der 42. Auflage war das Obers noch eindeutig kein der. Dazwischen ist offenbar einiges passiert. So sei das bis dahin vor allem im sprechsprachlichen Bereich angesiedelte männliche Obers zunehmend auch in Texten zu finden gewesen. Also etwa in Kochbüchern, Rezepten, Zeitschriften und dergleichen. Das habe eine sogenannte Korpusanalyse ergeben, bei der große Textsammlungen systematisch gescannt werden. Und da „der Obers“ da ziemlich oft zu finden war, wurde er quasi zu einem Usus, der nicht mehr als falsch wahrgenommen wird. Und dann, heißt es vom „ÖWB“, muss er auch als Norm gelten dürfen.
In diesem Sinne: Wer „der Schlagobers“ sagt, darf künftig auf das „ÖWB“, 43. Auflage, S. 506, Spalte 1 verweisen. Aber wehe, jetzt kommt jemand daher und behauptet, dass auch „die Schlagobers“ richtig ist . . .
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2021)
