Am Herd

Meine wunderschöne Großmama

Bettina Steiner
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Seit vergangener Woche hängt ein Gemälde bei uns an der Wand. Es zeigt meine Großmama als junges Mädchen mit schwarzen Zöpfen. Es ist wunderschön. Und es macht mich auch ein bisschen traurig.

Meine Schwester kam vorige Woche zu Besuch, aus dem fernen, fernen Vorarlberg, mit ihrer Familie, juhuu, und einem Gemälde im Gepäck. Ein Tiroler Künstler hat es gemalt, das ist fast hundert Jahre her, es zeigt ein junges Mädchen im Profil, das sich nachdenklich über eine gelbe Blume beugt, es hat lange, schwarze Zöpfe und trägt ein dunkelrotes Kleid – meine Großmama. Meine Großmama, lang bevor ich sie kannte, als sie ein Wildfang war, der ihren Eltern so manches Kopfzerbrechen bereitete, was man auf dem Bild freilich nicht sieht.


Die Züge meiner Tochter. Dieses Bild macht mich glücklich, weil es schön ist, mit kräftigen Farben und kräftigem Strich und doch so zart. Und weil ich meine Großmama liebte, die eine ungewöhnliche Frau war, stark und selbstbewusst, und das in einer Zeit, die mit starken und selbstbewussten Frauen nicht viel anzufangen wusste. Manchmal stelle ich mir vor, sie wäre ein paar Jahrzehnte später zur Welt gekommen. Kein Vater hätte ihr verbieten können, auf die Philippinen zu ziehen und dort Lehrerin zu werden. Was hätte sie alles erleben können!

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