Zeichen der Zeit

Die Geister, die ich nicht rief

Schauder auf dem Gesicht des Nachbarn. Weyer an der Enns.
Schauder auf dem Gesicht des Nachbarn. Weyer an der Enns. Konrad Neubauer
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Der unvorstellbare Geruch der verfaulten Eier oder der von Würmern zerfressenen Selchwürste hat sich längst verflüchtigt. Die Villa Sonnblick, am Fuße des Kreuzbergs, ist nun mein Zuhause.

166 kg Mehl, verschiedene Typen, 38 kg Grieß, 23 kg Teigwaren, 13 kg Reis, 122 kg Zucker, 36 kg verdorbenes, ungenießbares Fett, 29 kg verdorbene Butter, 21 kg ausgelassenes Butterfett, 235 Stück faule Eier, 168 Stück brauchbare Eier, 15 kg Feigenkaffee, 30 kg selbst gemachte Seife, 32 kg Kernseife, 107 kg Waschsoda.“

Dies ist kein Inventar eines in Konkurs gegangenen Gasthauses, sondern ein kleiner Auszug der Waren, die eine pensionierte Handarbeitslehrerin namens Maria Unterrainer laut „Österreichischem Beobachter“, 1. Märzausgabe 1944, in ihrem Haus im oberösterreichischen Weyer an der Enns gehortet hatte. Der minutiösen Auflistung geht ein Bericht über die „gefährliche Hamsterin“, den „Volkschädling“, voraus, die ihr Haus, genannt Villa Sonnblick, „vom Keller bis zum Dachrand mit allen Dingen angefüllt hat, die in Weyer und auch anderswo im Handel nicht mehr erhältlich sind“. Diese Villa Sonnblick, mit Blick auf das sich stolz über Weyer erhebende Rapoldeck, direkt gelegen am Gaflenzfluss sowie am Fuße des Kreuzberges mitsamt seinen vielfältigen Wanderwegen, ist nun mein Zuhause.

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