Gastkommentar

Indiens Impfmilliarde ist das Ergebnis kollektiver Anstrengung

<Narendra Modi am 12.10. 2021
APA/AFP/PIB
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Indiens Premierminister Narendra Modi schreibt: Am Ende unseres Weges von Sorge zu Zuversicht ist unsere Nation dank der weltgrößten Impfkampagne gestärkt aus dieser Reise hervorgegangen.

Etwa neun Monate nach dem Beginn der Impfkampagne hat Indien am 21. Oktober 2021 die Schwelle von einer Milliarde verabreichter Impfdosen des Vakzins gegen Covid-19 erreicht. Es war ein gewaltiger Weg zur Eindämmung von Covid-19, insbesondere wenn wir uns an den Stand der Dinge Anfang 2020 erinnern. Die Menscheit musste das erste Mal nach 100 Jahren mit so einer Pandemie kämpfen, und niemand wusste viel über das Virus. Wir erinnern uns, wie unvorhersehbar die Lage damals schien als wir uns einem unbekannten, unsichtbaren und schnell mutierenden Feind gegenübersahen.

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Am Ende unseres Weges von Sorge zu Zuversicht ist unsere Nation dank der weltgrößten Impfkampagne gestärkt aus dieser Reise hervorgegangen.

Es war eine gemeinsame Anstrengung von zahlreichen Bereichen der Gesellschaft. Um eine Vorstellung von dem Ausmaß zu bekommen, nehmen wir an, dass ein Mediziner lediglich zwei Minuten pro Impfung benötigte. Bei diesem Tempo bedeutet das, dass etwa 4,1 Millionen Arbeitstage oder 11.000 Arbeitsjahre benötigt werden, um diesen Meilenstein zu erreichen.
Das Vertrauen aller Beteiligten ist ausschlaggebend dafür, einem Projekt Schwung zu verleihen und es ungemindert am Laufen zu halten. Das von den Menschen in die Impfung und den Prozess gewonnene Vertrauen war eine der Stützen der erfolgreichen Kampagne, trotz verschiedener Versuche, Misstrauen zu säen und Panik zu verbreiten.

Es gibt einige unter uns, die nur ausländischen Marken vertrauen schenken, sogar dann, wenn es um Gegenstände des täglichen Bedarfs geht. Als es jedoch um etwas dermaßen entscheidendes wie ein Vakzin gegen Covid-19 ging, setzten die Menschen Indiens ihr Vertrauen einstimmig in Impfstoffe der Marke „Made in India".

Am gemeinsamen Strang ziehen

Die Impfkampagne ist ein Beispiel dafür, was Indien erreichen kann, wenn die Bürger und die Regierung an einem gemeinsamen Strang ziehen und im Geiste der Bürgerbeteiligung zusammenarbeiten. Als Indiens Impfprogramm seinen Anfang nahm, gab es viele Menschen, die Zweifel an den Fähigkeiten der 1,3 Milliarden Inderinnen und Indern hegten. Einige sagten, Indien würde drei bis vier Jahre benötigen. Andere sagten, die Menschen würden sich nicht impfen lassen. Und wieder andere sagten, dass der Impfprozess von Misswirtschaft und Chaos geprägt sein würde. Es gab sogar einige, die meinten, dass Indien nicht in der Lage sein würde, die Lieferketten aufrechtzuerhalten. Doch mit der Janata Curfew und den darauffolgenden Lockdowns haben uns die Menschen Indiens gezeigt, wie spektakulär die Resultate sein können, wenn man ihnen als Partnern vertraut.

Minimale Impfskepsis

Alles ist möglich, wenn alle Verantwortung übernehmen. Unser medizinisches Personal überquerte Berge und Flüsse im schweren Terrain, um die Menschen zu impfen. Unsere Jugend, die Sozialarbeiterinnen und -arbeiter, das medizinische Personal, gesellschaftliche und geistige Oberhäupter – sie alle haben Verdienst daran, dass Indien sich mit nur minimaler Impfskepsis konfrontiert sieht, sogar im Vergleich mit Industrienationen.

Viele unterschiedliche Interessensgruppen übten Druck aus und bemühten sich, Impfvorrang zu erlangen. Doch die Regierung hat sichergestellt, dass bei der Impfkampagne, genau wie bei allen anderen unserer Programme, keine VIP-Kultur entsteht.
Anfang 2020, als Covid-19 auf der ganzen Welt wütete, war uns klar, dass diese Pandemie schlussendlich mit Impfstoffen bekämpft werden muss. Wir haben uns bereits früh darauf vorbereitet. Bereits in April 2020 wurden Expertengruppen eingesetzt und Vorbereitungen für einen Fahrplan in Angriff genommen.

Bis zum heutigen Tag haben nur eine Handvoll Länder ihre eigenen Impfstoffe entwickelt. Über 180 Länder sind von einer sehr kleinen Gruppe von Herstellern abhängig und Dutzende Länder warten noch immer auf Impfstoffversorgung während Indien bereits eine Milliarde Dosen verabreicht hat. Stellen Sie sich die Lage vor, wenn Indien keinen eigenen Impfstoff hätte. Wie hätte Indien ausreichend Impfstoff für eine dermaßen große Bevölkerung sichern können, und wie viele Jahre hätte das in Anspruch genommen? Indiens Wissenschafterinnen und Wissenschafter sowie Geschäftsleute verdienen Anerkennung dafür, dass sie sich der Lage gewachsen zeigten. Wir verdanken es ihrem Talent und ihrer harten Arbeit, dass Indien im Bereich der Impfstoffe Autarkie erlangt hat. Mit der Erhöhung ihrer Produktion, um die Nachfrage einer so großen Bevölkerung zu decken, haben unsere Vakzinhersteller gezeigt, dass die Welt ihresgleichen sucht.

Bisher wurde Fortschritt in Indien oft behindert

In einem Land, dessen Regierungen dafür bekannt waren, Fortschritt zu behindern, ist die unsrige ein Beschleuniger und Förderer von Fortschritt. Die Regierung war von Anfang an ein Partner der Impfstoffhersteller und stellte ihnen Unterstützung zur Verfügung, etwa in Form von Behördenhilfe, wissenschaftlicher Forschung, Finanzierung und beschleunigter Regulierung. Dank dem ganzheitlichen Regierungsansatz arbeiteten alle Ministerien zusammen, um die Impfstoffhersteller zu fördern und Engpässe zu überwinden.

In einem Land von der Größe Indiens reicht es nicht aus, einfach nur herzustellen. Verteilung, insbesondere auf den letzten Metern, und nahtlose Logistik bedürfen besonderer Berücksichtigung. Um sich ein besseres Bild von den Herausforderungen zu machen, stellen Sie sich die Reise vor, die ein Fläschen mit dem Impfstoff zurücklegen muss. Aus einer Fabrik in Pune oder Hyderabad wird das Fläschen in ein Verteilerzentrum in einem der Bundesstaaten geschickt, von wo aus es dann in ein Bezirkszentrum verfrachtet wird. Von dort aus gelangt es dann ins Impfzentrum. Tausende Reisen mit Flugzeug und Zug werden benötigt, um dies zu bewerkstelligen. Während der ganzen Zeit muss die Temperatur innerhalb einer bestimmten Spanne gehalten werden, die zentral überwacht wird. Über 100,000 Geräte in Kühlketten kamen zum Einsatz. Die Bundestaaten erhielten die Lieferpläne für die Impfstoffe im Voraus, damit sie ihre Programme besser planen konnten und die Impfstoffe sie an den vorbestimmten Tagen erreichten. All das war eine in der Geschichte des unabhängigen Indiens noch nie dagewesene Anstrengung.

All diese Bemühungen wurden von der robusten technischen Plattform CoWIN unterstützt. Sie stellte sicher, dass die Impfkampagne fair, skalierbar, nachvollziehbar und transparent blieb. Damit wurde erreicht, dass es zu keiner Günstlingwirtschaft kam und niemand sich vordrängen konnte. Sie machte es möglich, dass ein armer Arbeiter die erste Impfdosis in seinem Dorf und die zweite Dosis im erforderlichen Abstand in der Stadt, wo er arbeitet, erhalten konnte. Neben einem Dashboard in Echtzeit zur Erhöhung der Transparenz ermöglichten Nachweise mit QR-Codes die Überprüfbarkeit. Solche Bemühungen sind nicht nur in Indien rar, sondern auf der ganzen Welt.

In meiner Rede anlässlich des Unabhängigkeitstages in 2015 sagte ich, dass unser Land vorwärts schreitet dank des „Team India", und dieses grosse „Team India" setzt sich aus allen unseren 1,3 Milliarden Einwohnern zusammen. Die Teilnahme der Bevölkerung ist die größte Stärke der Demokratie. Wenn wir das Land durch die Teilnahme von 1,3 Milliarden Inderinnen und Indern regieren, kommt unser Land mit jedem Augenblick 1,3 Milliarden Schritte weiter. Unsere Impfkampagne hat uns erneut die Macht dieses “Team India” vor die Augen geführt. Indiens Erfolg mit der Impfkampagne hat der Welt auch gezeigt, dass Demokratie es „draufhat".

Ich bin zuversichtlich, dass der Erfolg der weltgrößten Impfkampagne unserer Jugend, Innovatoren und allen Regierungsebenen ein Ansporn sein wird, neue Maßstäbe für die Arbeit des öffentlichen Dienstes zu setzen, die bei uns und auf der ganzen Welt als Beispiel gelten.

Dieser Kommentar wurde ursprünglich in der Druckausgabe des Indian Express am 22. Oktober 2021 unter dem Titel “Made in India, Made by India” veröffentlicht. Der Autor ist der Premierminister Indiens.

E-Mail: debatte@diepresse.com

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