Gastkommentar

Die falsche Strategie, um Ungeimpfte zu überzeugen

Archivbild: Ein Testzentrum in Deutschland.
Archivbild: Ein Testzentrum in Deutschland.(c) Getty Images (Thomas Lohnes)
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Anstatt der 2-G-Regelung wäre doch – gemäß den Erkenntnissen, dass der Impfschutz nachlässt – die 1-G-Regelung adäquat: nämlich getestet.

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Würde mehr Sachlichkeit und Aufrichtigkeit bei Kommunikation und Statistiken zu Covid-19 einziehen, bräuchten wir keinen strategischen, angstverbreitenden Druck mehr erzeugen. 76,12 Prozent der über 12-Jährigen haben sich in Österreich für eine Impfung entschieden, weitere zehn Prozent der Bevölkerung sind zertifiziert genesen, die Dunkelziffer ist nicht bekannt, weil nicht untersucht. Spricht man von anderen Ländern wie Italien, werden zwar die über achtzig Prozent der Geimpften mit Anmerkung „der Erwachsenen“ versehen, aber trotzdem den 63,5 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung, die vollständige geimpft ist, gegenübergestellt, und man lässt dabei die Menschen mit Erststich weg, das wären immerhin schon motivierende 66,6 Prozent.

Auch bei der proklamierten „Aktion 80 Prozent“ fehlt der Zusatz – wovon? Wären es nur noch vier Prozent, die zu erreichen sind, könnte sich das Individuum durchaus angesprochen fühlen, fehlen 15 Prozent, bleibt nur noch Resignation. Vorzeigeland Dänemark liegt z.B. bei 77,2 Prozent Impfrate bezogen auf die gesamte Bevölkerung und wird in der Kommunikation mit über neunzig Prozent gehandelt. Da drängt sich doch die Frage auf, ab welchem Alter in diesem Land geimpft werden darf.

Überwältigend sind die täglichen Zahlen der Neuinfektionen, mit seltsamer Inbrunst gemeldet als: „so hoch wie noch nie“, „den Höchststand vom vorigen Jahr, der letzten grassierenden Welle übertreffend“. Weggelassen wird geflissentlich die Gesamtzahl der täglichen Testungen. Versteckt nachzulesen wäre eine diesbezügliche, sich eigentlich kaum ändernde Relationszahl am Ende der Dashboard-Listen. Insgesamt wurden in Österreich 98 Millionen PCR-Testungen durchgeführt und derzeit werden es jeden Tag um 300.000 mehr. Wien kündigt sogar eine halbe Million möglicher täglicher PCR-Tests an! Den entstehenden Plastik-Müllberg kann und will man sich nicht vorstellen, schon gar nicht mit den zusätzlichen Verpackungen der Millionen von Antigen-Tests.

Ab 8. November gilt bundesweit die 2-G-Regel in der Nachtgastronomie sowie ähnlichen Settings und bei Zusammenkünften ohne zugewiesenen Sitzplätzen mit mehr als 500 Personen, in den meisten Bundesländern – sehr unübersichtlich aber eifrig – verschärft auf eine nicht modifizierte Gesamtzahl. In Wien kann man seit Anfang Oktober als ungeimpfte Person keine Opern- und Konzertaufführungen im größeren Rahmen (Staatsoper, Musikvereinssaal etc.) mehr besuchen. Die Logik dieser Maßnahmen ist schwer nachvollziehbar und zu offensichtlich ausschließlich auf die Erhöhung der Impfquote gerichtet.

Anstatt der 2-G-Regelung, die jetzt noch ausgeweitet wird, wäre doch – gemäß den Erkenntnissen, dass der Impfschutz nachlässt – die 1-G-Regelung adäquat: nämlich getestet.

Was jetzt nach den Verschärfungen der Covid-Bestimmungen passiert: Die neuralgischen Zusammentreffen sind völlig unkontrolliert, weil keiner mehr getestet ist! Diejenigen, die am Tag des Veranstaltungsbesuchs sicher nicht infiziert sind – weil PCR-getestet – müssen nämlich zu Hause bleiben und die Jungen treffen sich – ungetestet – an anderen Orten. Das ist die falsche Strategie um einerseits die Ungeimpften zu überzeugen, andererseits – und noch wichtiger – die Pandemie bei Offenhalten und Gewährleisten eines angemessenen gesellschaftlichen und kulturellen Lebens im Griff zu behalten.

Martina Pfeifer Steiner ist Journalistin, Autorin und Architekturpublizistin. Sie lebt in Vorarlberg und Wien.

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