Wenn ein Quartier aus dem Boden gestampft wird: Auf den Grazer Reininghaus-Gründen sollen bald 10.000 Menschen leben.
Architektur

Wie viel Platz braucht der Mensch?

Auf zu hohe Einwohnerdichte reagieren Menschen mit sozialem Rückzug. Wie können zukünftig dicht besiedelte Großprojekte wie die Seestadt Aspern oder die Reininghaus-Gründe in Graz auf diese Herausforderung antworten?

Auch wenn derzeit ein Revival der Stadtflucht thematisiert wird, wachsen Einwohnerzahlen wie umbauter Raum der europäischen Großstädte unaufhörlich. Urbane Infrastrukturen, Job- und kulturelle Vielfalt sowie Bildungsangebote vergrößern den Druck auf innerstädtische Wohn- und Arbeitsflächen. Veränderte Wohnstandards und die Kapitalanlage Boden tragen ebenso zur Notwendigkeit einer baulichen Nachverdichtung bei: Baulücken werden lukrativ geschlossen, größere Brachen „entwickelt“. Bekannte aktuelle Beispiele sind die Neue Seestadt Aspern in Wien, ein ausgedientes Flugfeld mit 240 Hektar, und die 54 Hektar großen Reininghaus-Gründe der ehemaligen Brauerei in Graz. Trotz unterschiedlicher Dimensionen ist die Flächenrelation ähnlich: Die Seestadt nimmt 0,6 Prozent der Fläche Wiens ein, Reininghaus 0,5 Prozent von Graz. Obwohl beide Vorhaben bereits über ein Jahrzehnt laufen, wird damit ein ganzes Quartier oder eine Stadt in der Stadt „aus dem Boden gestampft“.

In diesem Zusammenhang wird ein Begriff nachlässig gehandhabt, dessen Präzisierung im Vorfeld viele Fehlentwicklungen verhindern könnte: Das Wort „Dichte“ bedeutet für Architekt:innen, Stadtentwickler:innen, Humangeograf:innen oder Soziolog:innen je unterschiedliche, sogar konträre Sachverhalte, die sich von der Urdefinition „Quotient aus Körpermasse zu Volumen“ entfernt haben. Das ist deshalb riskant, weil bei der Gestaltung unserer Umwelt interdisziplinär friktionsfrei zusammengearbeitet werden sollte und sich diese fachspezifischen Dichten gegenseitig beeinflussen – und ihre Relationen wiederum das Ergebnis eines Bauvorhabens mitbestimmen.

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