Alpinismus

Der Diktator und die Bergsteiger

Bis auf die höchsten Gipfel des Landes sollten die Brüder Abalakow den Ruhm des stalinistischen Systems tragen.
Bis auf die höchsten Gipfel des Landes sollten die Brüder Abalakow den Ruhm des stalinistischen Systems tragen.Lorenz Saladin, Tyrolia-Verlag
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In der Sowjetunion der 1930er-Jahre führten viele Wege in den Gulag, auch der über die Berggipfel. Stalin glorifizierte seine Kletterer als Heroen und brachte sie dann um.

Wollte man nach der Machtergreifung der Bolschewiki im russischen Bürgerkrieg zwischen Roten und Weißen überleben, war es von Vorteil, den Kommunismus schon mit der Muttermilch eingesogen zu haben. War man im Weihrauch der orthodoxen Kirchen in Liebe zum Zaren erzogen worden, konnte das zum Verhängnis werden. Dieses Unglück traf die bürgerliche Patchwork-Familie Abalakow im sibirischen Krasnojarsk. Ein Onkel hatte hier seine beiden verwaisten Neffen, Witali und Jewgeni, bei sich aufgenommen. 1920 klopfte ein Rotgardist an, mit einem Haftbefehl in der Hand. In ihrer Verzweiflung wehrten sich die beiden Buben gegen die Verschleppung des Onkels. Vergeblich. So machten sie Bekanntschaft mit dem Klassenhass.

Außerhalb der Stadt Krasnojarsk gibt es ein viel besuchtes Naturparadies mit einem ganzen Archipel von rund hundert Granitfelsen. Der Nationalpark Stolby ist ein Mekka der sibirischen Kletterfans. Viele steigen dort aus der Transsibirischen Eisenbahn aus und riskieren nebenbei ihr Leben, indem sie mit Turnschuhen auf den steilen Felswänden herumklettern. Zu denen, die dort an den Felsen hingen, gehörten in Sowjetzeiten auch die beiden Brüder Abalakow aus Krasnojarsk. Die einzige Brücke über den Jenissei war damals der Transsib vorbehalten, also überquerten sie den breiten Fluss jedes Mal mit einem Kahn und gingen 20 Kilometer bis zur Stolby, um dort zu biwakieren. Sie verbrachten hier ihre Jugend und lernten, ohne Seil und Haken über dem Abgrund zwischen den Felsen ihre Kunststücke zu vollbringen und der Schwerkraft zu trotzen.

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