Während der Westen Teheran vorwirft, die Gespräche zu blockieren, übt der Iran die Abwehr von Angriffen auf die Atomanlage. Die Zeit für Kompromisse ist knapp.
Istanbul/Teheran. Ein Knall und ein Lichtblitz am Himmel schreckten am Samstagabend die Bewohner der iranischen Kleinstadt Badrud auf. Zuerst dachten viele, die nahe Atomanlage von Natanz sei angegriffen worden, denn dort stehen in Bunkern Gaszentrifugen zur Urananreicherung. Schon öfter hat Israel die Anlage in Natanz mit Sabotageaktionen lahmgelegt, doch diesmal stammt die Explosion von einer iranischen Abwehrübung. Dass die Armee ausgerechnet jetzt ein solches Manöver ansetzt, ist kein Zufall, denn die Atomverhandlungen mit dem Westen stehen vor dem Scheitern: Eine neue militärische Eskalation wird wahrscheinlicher.
Fast ein halbes Jahr waren die Gespräche zwischen dem Iran und dem Westen über eine Wiederbelebung des Atomvertrages von 2015 wegen des Regierungswechsels in Teheran unterbrochen. Der neue Präsident, Ebrahim Raisi, ein Hardliner, ließ sich nach seinem Wahlsieg im Juni viel Zeit, um an den Verhandlungstisch in Wien zurückzukehren.