Bei einer gepflegten Tasse Tee am Nachmittag kommt die Wahrheit ans Licht.
Essay

Das Leben hat keinen Plot  - der Trost der kleinen Dinge

Unsere Autorin Daniela Chana über die kleinen Anekdoten und Dramen des Alltags: Gibt es wirklich Menschen, die sich bei einem Krimi dafür interessieren, wer der Mörder ist? Es ist weitaus interessanter, was die Figuren essen und trinken, wer das Geschirr nach der Party abwäscht und was die Protagonisten vor dem Schlafengehen tun.

Seit einiger Zeit sehe ich exzessiv Dokus aus dem deutschen Regionalfernsehen an, obwohl mich die Themen im Grunde nicht besonders interessieren: Fehlgeburten, Kinder mit angeborenen Krankheiten, Mütter kurz vor dem Burn-out, Senioren, die im Alter noch einmal ihr Liebesglück über eine Dating-App finden wollen. Zu all dem habe ich keinen besonderen Bezug. Was mich aber so sehr daran fasziniert, ist der Einblick in den Alltag der Betroffenen. Ich möchte sehen, wie sie in ihrem Wohnzimmer interviewt werden, aus welcher Kaffeetasse sie trinken, welche Fotos eingerahmt an der Wand hängen, welche Lebensmittel sie in ihrer Küche lagern, wie ihr Schlafzimmer aussieht. Ich möchte beobachten, wie sie Wäsche aufhängen, sich Kaffee machen oder Essen zubereiten.

Bevorzugt sehe ich Dokus über Schicksale von Frauen oder Familien an, da deren Wohnungen meist am liebevollsten dekoriert sind. Dokumentationen über die Arbeitswelt meide ich, da Büros häufig unpersönlich und kühl eingerichtet sind. Am allermeisten begeistern mich Themen, die Senioren betreffen. Nichts ist schöner als die Ruhe einer sauberen, aufgeräumten Wohnung mit knarzenden Parkettböden, einer tickenden Wanduhr, einem geblümten Teeservice, Kuchen auf dem Esstisch und Pensionisten mit gut gebügelten Hemden.

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