Gastkommentar

Kein Platz für Erinnerung

Gedenken. In Putins Russland gibt es nur noch Erzählungen von Macht und Größe. Zur Auflösung der NGO Memorial.

Dieser Tage, da der Oberste Gerichtshof Russlands die Menschenrechtsorganisation Memorial aufgelöst hat, streifen meine Gedanken zurück in den Sommer des Jahres 2003. Ich studierte Russisch, hatte bereits ein Semester in St. Petersburg verbracht und war verliebt in Sprache und Stadt; ein Freund gab mir den Rat, bei Memorial anzuklopfen, es sei relativ einfach, dort zu einem Praktikumsplatz zu kommen. Ich erinnere mich an verwinkelte, dunkle Räume in einem Altbau, Bücher dicht an dicht. Meine Aufgabe war, Berichte von Russinnen, die in Hitlerdeutschland Zwangsarbeit verrichten mussten, ins Deutsche zu übersetzen. Ich glaube nicht, dass mein Beitrag von großer Bedeutung war. Eher fühle ich mich bis heute als Beschenkte.

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Die Organisation, die sich auch der Beobachtung der Menschenrechtslage in Russland widmet, arbeitet an der Ortung von Massengräbern der Stalinzeit und an Opferlisten, leistet also jenen Dienst, der unabkömmlich ist in einer Gesellschaft, die durch Jahre des Terrors gegangen ist: den der Erinnerung, des Gedenkens, der Opferfürsorge.

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