Mein Montag

Wie man „Trottel“ sagt, ohne dabei „Trottel“ zu sagen

Ein Hiefler bzw. Hüfler ist ein Gestell, auf dem Heu getrocknet wird.
Ein Hiefler bzw. Hüfler ist ein Gestell, auf dem Heu getrocknet wird.(c) imago/Harald Lange (imago stock&people)
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Was hinter dem Idioten steckt, wie der Depp zum Deppen wurde und was ein Hiafla eigentlich ist.

Sie kennen das. Dieses Gefühl, jemandem ins Gesicht zu sagen, was man von ihm hält. Was besonders dann, wenn es nicht viel ist, meist mit einer gewissen Emotionalität geschieht. Ob man dem Diskurs damit etwas Gutes tut, lassen wir einmal beiseite. Widmen wir uns lieber den Wurzeln derartiger Schmähungen. Der Idiot zum Beispiel leitet sich vom altgriechischen idiotes ab, was so viel wie „Privatperson“ bedeutet. Gemeint waren damit damals Menschen, die sich aus dem aktiven politischen Leben heraushielten und demnach als nicht informierte Bürger galten, also als Laien. Erst im 19. Jahrhundert wurde es zum Synonym für einen Trottel. Der wiederum leitet sich wohl vom Trotten als schwerfällige Art des Fortbewegens ab. Fast liebevoll nimmt sich dagegen der Depp aus, was ebenfalls von einer Art der Fortbewegung kommt, nämlich dem Tappen. Diese Art des leichten, unsicheren Aufsetzens des Fußes wurde als ungeschickt und unbeholfen gesehen, daraus entwickelte sich der Taps, ein unbeholfener Mensch, und irgendwann der Tepp bzw. Depp.

Aber widmen wir uns auch den weniger bekannten Kleinoden. Wobei der Hiafla, wie man in Österreich einst einen einfältigen Menschen nannte, sogar im Wörterbuch steht – als Hiefler bzw. Hüfler, ein Gestell, auf dem Heu getrocknet wird. Diesem wurde wohl eine ähnliche Problemlösungskompetenz zugetraut wie dem Menschen, den man damit bezeichnete. Und wenn wir vom Regionalen noch zum Internationalen wechseln, begegnen wir dem Honk, der vor allem bei jüngeren Menschen zu hören ist. Abgeleitet ist er wohl vom englisch-amerikanischen Slangwort honky, einer abwertenden Bezeichnung für Weiße. Während wir über all das sinniert haben, ist der Zorn ein bisschen verflogen. Und der Trottel, den wir gerade als solchen bezeichnen wollten, schon um die nächste Ecke gezogen.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2022)

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