Ein einsamer Einstiegsturm bei Weikersdorf (Bezirk Wr. Neustadt) zeugt von der Quellenleitung im Untergrund.
Architektur

Wie das Wasser nach Wien reist

Es war eine technische Meisterleistung: Die I. Wiener Hochquellenleitung wurde 1869 bis 1873 errichtet und stellt bis heute Wiens Versorgung sicher. Eine Ausstellung dokumentiert nun die dafür gebauten "Wasserschlösser".

Eines der kostbarsten Güter dieser Erde ist das Trinkwasser.“ Mit diesen Worten beginnt die Festschrift zur 100-Jahr-Feier der I. Wiener Hochquellenleitung im Jahr 1973. Nun ist das Zitat des damals amtsführenden Stadtrats Kurt Heller beinahe 50 Jahre alt, doch vor dem Hintergrund des Klimawandels sind seine Worte treffender denn je. Weltweit gibt es eine Verknappung des Trinkwassers, und auch die Alpenländer könnten durch die Gletscherschmelze von einer besonders raschen Dynamik mit Auswirkungen auf den Wasserkreislauf betroffen sein. Was für ein Privileg der Wiener:innen: Kaum eine Großstadt ist in der Lage, ihre Bewohner:innen mit derart hochwertigem Quellwasser zu versorgen. Bestes Trinkwasser, das wir nach wie vor in den allermeisten Fällen als Nutzwasser unsere Wiener Toiletten hinunterspülen – ein kaum diskutierter Missstand. Der Veränderungswille ist überschaubar, fließt doch Nachschub aus dem Rax-Schneeberg-Massiv scheinbar nie enden wollend in unsere Leitungen. Dafür haben die Konstrukteure der I. Wiener Hochquellenleitung gesorgt.

Das Vorhaben war, damals wie heute betrachtet, eine technische Meisterleistung. Die Wasserleitung wurde in nur vier Jahren 1869 bis 1873 von Bauunternehmer Anton Gabrielli aus London errichtet. In den 1960er-Jahren kam es zur Verlängerung der Leitung über den Schneealpenstollen bis in die Steiermark und zur Einspeisung einiger weiterer Quellen in diesem Gebiet; die letzte Erweiterung fand im Jahr 1988 statt. Neben der Erschließung der Quellen und den Grabungen der Stollen war eine der großen Herausforderungen, das Wasser im freien Gefälle bis nach Wien zu leiten. Schließlich geht die Landschaft eigenwillig bergauf und bergab und wahrlich nicht im optimalen Fließwinkel. So mussten neben der Leitung zahlreiche Aquädukte zur Talquerung sowie Pump- beziehungsweise Schöpfstationen errichtet werden. Die im Endausbau rund 112 Kilometer lange Wasserleitung ist nach beinahe 150 Jahren bis heute in Funktion. Sie hat einen jährlichen Durchfluss von etwa 62 Millionen Kubikmeter Wasser und deckt damit grob die Hälfte des Wiener Bedarfs.

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