Mein Dienstag

Aus Liebe zum Spiel

John Isner of the US casts his shadow as he returns the ball to his compatriot Steve Johnson during their match at the Monte Carlo Masters in Monaco
John Isner of the US casts his shadow as he returns the ball to his compatriot Steve Johnson during their match at the Monte Carlo Masters in MonacoREUTERS
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Wer unbändige Leidenschaft für eine Sportart empfindet, hat sein Leben nicht vergeudet.

Es gibt da diese Szene in dem Film „The Fan“ aus dem Jahr 1996. Robert De Niros Charakter Gil, der besessen ist von Baseball, erklärt seinem Sohn während eines Spiels im Stadion eine Regel und schließt ab mit: „Deswegen ist Baseball besser als das Leben, es ist fair.“ Um seine Begeisterung nachzuvollziehen, muss man keine Ahnung von Baseball haben. Was er sagt, trifft auf fast alle Sportarten zu, in denen es um Taktik, Strategie und Intelligenz geht.

Tennis zum Beispiel. In seinem Buch „Open“ schreibt Andre Agassi, dass er die meisten seiner Spiele nicht auf dem Platz, sondern am Vorabend unter der Dusche gewann. Das war nämlich sein Ritual – so lang zu duschen, bis er sich eine Strategie zurechtgelegt hatte, um seinen nächsten Gegner zu knacken. Wasser war sein Element, hier konnte er am besten nachdenken.

Wer mit Tennis aufwuchs, mit sieben seinen ersten dunkelroten Dunlop-Schläger in den Händen hielt und immer in der Mittagshitze spielte, weil die Sandplätze um diese Zeit nie besetzt waren, weiß genau, was er meint. Es geht nicht darum zu gewinnen, sondern darum, den Gegner verlieren zu lassen. Du kannst nicht jeden Punkt machen wollen und jedem Ball nachlaufen. Du musst wissen, welche gegnerischen Aufschlagspiele du abschreibst, um die eigenen durchzubringen. Wann es sich lohnt, das zweite Service wie ein erstes zu spielen. Oder das erste wie ein zweites. Wann du die Rückhand ohne Not longline spielst, um deinem Rivalen zu zeigen, dass er heute nicht nur besiegt wird, sondern auch eine Lektion erteilt bekommt.

Und das Beste an diesem so edlen, so vornehmen Sport: Du spielst weder gegen die Zeit, noch bist du auf andere angewiesen. Das Match endet, wenn der letzte Punkt gewonnen oder verloren wurde. Nicht nach 90 Minuten plus Nachspielzeit. Du kannst ein Best-of-Five-Match beim Stand von 0:6, 0:6, 0:5 und 0:40 noch drehen – und musst dabei nicht auf ein Zuspiel eines Mitspielers warten.

Ja, nicht nur Baseball, auch Tennis ist besser als das Leben. Viel besser.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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