Jüdisches Leben in New York

Pässe für die Kinder der Verfolgten

Jüdische Kinder bei ihrer Ankunft in Harwich. Dezember 1938.
Jüdische Kinder bei ihrer Ankunft in Harwich. Dezember 1938. Scherl/SZ-Photo/picturedesk
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Hochemotionale Familiengeschichten erzählen Nachkommen verfolgter Jüdinnen und Juden, die sich dazu entschieden haben, österreichische Staatsbürger zu werden. Ein Bericht aus New York.

Ich war in gewisser Hinsicht ein Pionier“, meint der New Yorker Martin Perl (63). Der Sohn zweier aus Wien stammender Holocaust-Überlebenden erhielt 2002 seine österreichische Staatsbürgerschaft. Ohne Zeremonie, ohne Beglückwünschung durch den Bundeskanzler, ohne Fanfare. „Ich dachte, es sei mein Recht. Meine Mutter war 1939 mit einem Kindertransport aus Wien geflohen. Mein Vater war in Dachau und Buchenwald interniert gewesen und entkam danach knapp nach England.“ Perls Eltern lernten sich in New York noch während des Krieges kennen und heirateten. Beide Großväter hatten im Ersten Weltkrieg für Österreich gekämpft. Die meisten Familienmitglieder überlebten den Holocaust nicht.

Mitte der 1990er-Jahre kontaktierte die österreichische Bundesregierung Martin Perls Eltern, um sie über die Möglichkeit der Wiederherstellung ihrer Staatsbürgerschaft zu informieren. „Die Gefühle meiner Eltern dazu waren sehr gemischt, aber sie taten es. Sie wollten damit ein Statement abgeben.“ Die Verbindung mit der geraubten Heimat war immer wichtig für sie gewesen. Sie unterhielten lebenslange Freundschaften mit deutschsprachigen jüdischen Flüchtlingen. Die Familie bereitete österreichische Speisen zu und hörte die Musik der Kindheit. Mit ihren Kindern unternahmen sie zahlreiche Reisen nach Wien. „Die Stadt seiner Jugend übte eine große Anziehungskraft auf meinen Vater aus, trotz der Gräueltaten. Meine Mutter empfand Hass und Verachtung, da ihre Familie in der Shoah ausgerottet worden war.“

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