Jubiläum

Hervorragende Leistungen und herbe Rückschläge

Zum 175-jährigen Bestehen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist ein Band über die vergangenen 100 Jahre erschienen.

Das Europäische Schadenersatzrecht mit den Problemen der Kausalität, der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens oder das Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics in Linz, das sich mathematischen Problemen und analytischen Methoden widmet – das sind nur zwei Bereiche, die unter dem Szepter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erforscht werden. Der stattliche Band „Sapere Aude“, der jetzt zum 175-Jahr-Jubiläum der ÖAW erschienen ist, zeigt die geradezu unüberschaubare Zahl an Forschungspublikationen und Arbeitsberichten, an denen Forscher und Forscherinnen der ÖAW beteiligt sind – und über die auch immer wieder auf den Wissenschaftsseiten der „Presse“ berichtet wird.

Die Autoren der umfangreichen Publikation, der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Herbert Matis und der Osteuropahistoriker Arnold Suppan, waren beide jahrelang im ÖAW-Präsidium verankert. „Sapere Aude“ ist rechtzeitig zum 175-Jahr-Jubiläum der ÖAW herausgekommen. Ab der kommenden Woche werden zudem anlässlich des Gründungstags mehrere Veranstaltungen ausgerichtet (siehe Wissenswoche, W6).

Zahlreiche Neugründungen

Buchtipp

Matis und Suppan geht es bei ihrem Jubiläumsband nicht um die Gründungsjahre und die erste Akademiephase, vielmehr wird die Zeit ab der Ersten Republik behandelt und im Besonderen auf die zahlreichen Institutsgründungen ab Mitte der 1960er-Jahre eingegangen. Es sei „eine quellenbasierte und chronologisch aufgebaute Geschichte der Akademie von 1918 bis heute“, wie die Autoren gleich am Beginn betonen.

Zwei Höhepunkte seien hervorgehoben: Das imposante Laborgebäude des Zentrums für Molekulare Medizin (CeMM), das 2004 auf dem Areal des AKH Wien eröffnet wurde. Und das 1881 gegründete Österreichische Historische Institut in Rom, das ab 1982 unter der Patronanz der Akademie geführt und 2012 der ÖAW angegliedert wurde.

Nicht nur hervorragende Leistungen, sondern auch herbe Rückschläge begleiten die ÖAW-Geschichte. Die Finanzierung des Gesamtbetriebs zählt dabei zu den empfindlichsten Begleiterscheinungen, die sich 2008/09 zu einem veritablen Problem aufschaukelten. Infolge der in den USA ausgebrochenen Finanzkrise wurden die aus dem Bundesbudget vorerst veranschlagten 106,6 Millionen Euro von Finanzminister Josef Pröll gleich auf 85 Millionen Euro reduziert. Eine Redimensionierung des ÖAW-Forschungsträgers war die Folge. Gleichzeitig können Matis und Suppan feststellen: „Dieser dramatischen Einschränkung standen aber hervorragende Leistungen der ÖAW-Forschungseinrichtungen, eine deutlich gestiegene Drittmittelquote von 43 Prozent (2008) und die Einwerbung hoher Preisgelder gegenüber.“

Bei ihrer Gründung am 14. Mai 1847 hatte die Akademie 40 Mitglieder. Der stete Aufschwung, der die gesamte Monarchie umfassenden Gelehrtengesellschaft wurde 1918 mit dem Ende des Gesamtreichs jäh unterbrochen. Gerade 13 ÖAW-Institute und Kommissionen blieben bestehen. Einen Aderlass gab es auch 1938, als im nunmehrigen Deutschen Reich zahlreiche jüdische Mitglieder und wissenschaftliches Personal die Akademie verlassen mussten bzw. ausgeschlossen wurden.
Aktuell umfasst die Akademie 187 wirkliche Mitglieder, 505 korrespondierende Mitglieder (von diesen 317 im Ausland), 21 Ehrenmitglieder und 62 Mitglieder der Jungen Akademie, insgesamt also 775, davon 167 Frauen (rund 22 Prozent). Eines der Mitglieder ist der bis 6. Dezember 2021 amtierende Bildungs- und Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, der seit 1992 der Akademie angehört und am 18. März dieses Jahres zum künftigen ÖAW-Präsidenten gewählt wurde (Amtsantritt 1. Juli 2022). Faßmann sieht, wie er in einem Gespräch mit der „Presse“-Wissenschaft erklärte, die ÖAW in einem steten Aufwärtstrend: „Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass einer der Schwerpunkte die Molekularbiologie sein kann oder sich ein anderer der Quantenphysik annimmt? Das sind Beweise dafür, dass sich die Akademie evolutionär weiterentwickelt.“

Der steten Weiterentwicklung ist der Jubiläumsband von Herbert Matis und Arnold Suppan gewidmet. Apropos Buchtitel: „Sapere Aude“ ist ein Zitat des römischen Dichters Horaz und bedeutet „Wage es, weise zu sein.“Zum 175-Jahr-Jubiläum der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist „Sapere Aude“, die Geschichte der Akademie seit 1918 (ÖAW-Verlag, 449 Seiten, 39 Euro), erschienen. Die ÖAW-Historiker Herbert Matis und Arnold Suppan haben, wie im Untertitel des Werks ausgeführt wird, mit dem Band „Berichte, Fakten, Analysen – ein Kompendium“ vorgelegt.

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