Pizzicato

Franco Nero und der Bruderkrieg

Gustavo Petro umgibt der Habitus eines biederen, behäbigen Bürokraten mit dicker Brille.

Wer mag sich schon vorstellen, dass Kolumbiens neuer linker Präsident vor 40 Jahren durch den Dschungel gerobbt ist und in Bogotá den Guerillakampf geprobt hat? Dafür hat er sich den passenden Nom de guerre, einen Kampfnamen, zugelegt: Comandante Aureliano klingt gleich viel kühner als Gustavo Petro – und ist obendrein an Aureliano Buendía angelehnt, den Protagonisten aus Gabriel Garcia Márquez' Jahrhundertroman „Hundert Jahre Einsamkeit“.

Wer mit dem größten Dichter des Landes – ja Lateinamerikas – in den Kampf zieht, scheint gewappnet für alle Wagnisse. Der magische Realismus speiste eine sozialrevolutionäre Romantik, die Fidel Castro als Kubas Comandante en jefe und Che Guevara verbrämten.

Hierzulande fehlt es an literarisch-politischen Galionsfiguren. Was damit zu tun hat, dass Bürgerkrieg und Revolution lang zurückliegen – und in Mitteleuropa die Fantasie längst nicht so üppig wuchert. Nur die CV-Brüder geben sich Couleurnamen, am martialischsten Reinhold Mitterlehner alias „Django“. Im Bruderkrieg mit Sebastian Kurz und seinem türkisen JVP-Trupp half ihm das auch nichts. Vielleicht hätte er auf den Künstlernamen des Darstellers der „Django“-Serie zurückgreifen sollen: Franco Nero. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

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