Gastkommentar

Aufschauen möchte ich zu anderen

  • Drucken

Gedenken. Leon Zelman überlebte die Shoah und setzte sich für ein weltoffenes Wien ein. Zu Menschen wie ihm, nicht zu Karl Lueger, sollten wir aufschauen.

Dass jüngst zehn Holocaust-Überlebende – unter ihnen Nobelpreisträger Eric Kandel – in einem offenen Brief an die Stadt Wien die Entfernung des Lueger-Denkmals an der Wiener Ringstraße forderten, ließ mich an eine in den späten 1990er-Jahren in dieser Stadt ähnlich heiß diskutierte Idee denken, die ebenfalls von einem Shoah-Überlebenden propagiert worden war: 1928 im polnischen Szczekociny geboren, flüchtete der elfjährige Leon Zelman gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder Schajek vor den Nationalsozialisten nach Łódź, wo sie im Ghetto interniert wurden.

Die Autorin

Dr. Monika Sommer(geb. 1974 in Linz) ist Historikerin und Kuratorin, seit 2017 ist sie Gründungsdirektorin des Hauses der Geschichte Österreich.

Die Mutter starb nach Jahren des Hungers und der Tortur 1943, der Vater war 1939 im Kugelhagel des deutschen Angriffs auf das Schtetl getötet worden. Mit der Liquidierung des Ghettos 1944 kamen die beiden Waisen in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, dann nach Falkenberg, von wo sie zu Fuß bis nach Wolfsberg, einem Außenlager des KZ Groß-Rosen, getrieben wurden. Schajek wurde dort vergast. Leon brachte man nach Mauthausen, dann nach Ebensee, wo er im Mai 1945 die Befreiung erlebte: Der 178 cm große 17-Jährige wog 38 Kilo. Nach Aufenthalten in DP-Camps in Bad Ischl und Bad Goisern kam er unfreiwillig nach Wien, da die USA dem Lungenkranken die Einreise verwehrten. Die US-amerikanische jüdische Hilfsorganisation Joint unterstützte die jüdischen DPs, auch mit Stipendien.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.