Literatur

Martin Luther King bewunderte sie

Hertha Pauli bewirtet Gäste in ihrem Haus in Huntington, New York.
Hertha Pauli bewirtet Gäste in ihrem Haus in Huntington, New York.ÖNB/Wien, Pf 36714:B(1).
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Die Schauspielerin und Autorin Hertha Pauli musste vor den Nazis aus Wien fliehen. In Paris gehörte sie dem Kreis um Joseph Roth an und in New York schrieb sie mehr als 25 Bücher.

Hertha Pauli war noch keine 32 Jahre, als sie am 12. März 1938 aus ihrer Heimatstadt fliehen musste und am Wiener Westbahnhof einen Zug bestieg, der sie in Sicherheit und fürs Erste nach Zürich brachte. Just an ihrem 34. Geburtstag gelang es ihr am 4. September 1940, in Lissabon an Bord der Nea Hellas zu gehen und Europa in Richtung USA zu verlassen. An jenem Sonntag, an dem die Nationalsozialisten die Herrschaft über das zur Ostmark degradierte Österreich übernahmen, wurden die Reisenden am Westbahnhof bereits von SS und Gestapo kontrolliert. Nach den Nürnberger Rassegesetzen war Pauli, die sich als „Halbchristin“ zu bezeichnen pflegte, eine „Halbjüdin“, und da sie den heimischen Nationalsozialisten bekannt und verhasst war, benötigte sie Geschick und Glück, um in den rettenden Zug zu gelangen. Bis sie es zweieinhalb Jahre später nach Lissabon schaffte, hatte sie in Frankreich Monate damit zugebracht, verhaftet und, nach der militärischen Niederlage der Franzosen, an die deutschen Besatzer ausgeliefert zu werden.

Von der Zeit zwischen dem „Anschluss“ Österreichs und der Flucht über den Atlantik erzählt sie in „Der Riss der Zeit geht durch mein Herz“, ihrem bedeutendsten Werk, das sie im Geleitwort als „Erlebnisbuch“ charakterisierte. Ich kenne kein zweites literarisches Zeugnis der Verfolgung, das so unver-drossen dem Leben und den Menschen zugewandt wäre und bedrückende Ereignisse in so lichten Bildern und Szenen vergegenwärtigte wie dieses. Hertha Pauli verschweigt nichts, nicht die Panik, nicht die Feindseligkeit, nicht die Nöte der Heimat- und Staatenlosen oder den politischen Verrat an ihnen und auch nicht die menschlichen Schwächen von Freunden und Bekannten. Sie hat das alles gesehen, aber dennoch ein geradezu bezauberndes Buch geschrieben, in dem die Erzählerin die Zuversicht nie gänzlich verliert.

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