Expedition Europa

Armenien: Ein Hoffnungsträger, der enttäuscht

Der Gründer und Leiter des armenischen „Verfassungs-Rechtsschutz-Zentrums“ soll mir erklären, was seit 1991 schiefgelaufen ist.

Es ist angenehm frisch, als ich an einem sonnigen Sommertag in der drittgrößten Stadt Armeniens ankomme. Wanadsor, rund 100.000 Einwohner, liegt 1350 Meter über dem Meer, in einem ziemlich unfruchtbaren Gebirgstal. Ich komme, um das armenische „Verfassungs-Rechtsschutz-Zentrum“ zu besuchen. Sein Gründer und Leiter Gework Manoukian soll mir erklären, was schiefgelaufen ist: Obwohl Armenien durch die Diaspora mit den alten Demokratien der Welt verbunden ist, steckt es seit seiner Unabhängigkeit 1991 in einem Kreislauf von Korruption und Gewalt. Selbst der große Hoffnungsträger, Premierminister Nikol Paschinjan, bedient sich schon der gängigen Methoden: Wanadsors Bürgermeister, dessen Liste die Lokalwahl im Dezember mit 45 Prozent gewann, wurde am Tag vor seiner Wiederwahl verhaftet („Amtsüberschreitung“), im April folgte die Leitung der städtischen Bestattung („Bestechlichkeit“).

„Ich sehe nur Rechtlosigkeit“

Den Bürgermeister mögen die meisten, auch die jungen Mitarbeiterinnen des Hotels „Kirowakan“, die ich nach Sehenswürdigkeiten frage. Sie empfehlen mir das frühere sowjetische Standesamt, ein altes Holzhaus, das „barmherzige Leute einst den Bolschewiken schenkten“. Auf meine Nachfrage gibt die Rezeptionistin zu: „Ich wollte die Geschichte beschönigen – die Sattelmacher, die das Haus nutzten, wurden von den Bolschewiken enteignet.“

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