2011 startet erster österreichischer Satellit

DER LEITER DES INSTITUTS F�R SATELLITENKOMMUNIKATION AN DER TU GRAZ OTTO KOUDELKA
DER LEITER DES INSTITUTS F�R SATELLITENKOMMUNIKATION AN DER TU GRAZ OTTO KOUDELKA(c) APA/MARKUS LEODOLTER (Markus Leodolter)
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Zwei baugleiche Raumsonden der TU Graz und der Uni Wien sollen Mitte des Jahres abheben und den Aufbau von Sternen erforschen. In Graz und Wien werden Bodenstationen errichtet, um die Satelliten zu verfolgen.

Im Sommer 2011 sollen zwei baugleiche Mini-Satelliten aus österreichischer Fertigung an Bord einer indischen Rakete ins All starten. Wissenschaftliches Ziel des Duos mit den Namen "TUGSAT-1" und "UniBRITE" ist die Vermessung von Helligkeitsschwankungen von Sternen mit bisher nicht erreichter Genauigkeit. Daraus erhoffen sich die Forscher Verbesserungen der Theorien über den Aufbau von Sternen und im weiteren Sinn auch über die Geschichte des Universums.

Die rot-weiß-roten Raumfahrzeuge sind Würfel mit einer Kantenlänge von 20 Zentimetern und haben eine Masse von je sieben Kilogramm. "TUGSAT-1" wurde von der Technischen Universität (TU) Graz gebaut, der baugleiche "UniBRITE" im Auftrag der Uni Wien vom Space Flight Laboratory der Universität Toronto (Kanada) entwickelt.

Das Pärchen ist Teil der Mission "BRITE" (Bright Target Explorer). Zu den österreichischen Satelliten werden sich weitere vier, ebenfalls baugleiche Satelliten gesellen - je zwei aus Polen und Kanada, die bis 2012 in das All fliegen sollen.

Erste Konstellation dieser Art

Laut technischem Projektleiter Otto Koudelka vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz, die gemeinsam mit der Uni Wien und der TU Wien für das Vorhaben verantwortlich zeichnet, handelt es sich dabei um die erste Konstellation von Klein-Satelliten überhaupt, also den Einsatz mehrerer Mini-Satelliten mit dem gleichen Beobachtungsziel. "Dadurch vervielfacht sich die Beobachtungszeit, der wissenschaftliche Ertrag wird ungleich größer", so der Techniker.

Erste Ideen zur Entwicklung eines rot-weiß-roten wissenschaftlichen Kleinsatelliten gab es bereits seit dem Flug des ersten Österreichers zur ehemaligen russischen Raumstation MIR im Jahr 1991. Die Pläne scheiterten aber entweder aus Zeit- oder Kostengründen. 2005 beschloss dann das Infrastrukturministerium den von der TU Graz vorgeschlagenen Satelliten "TUGSAT-1" zu fördern, und zwar im Rahmen des von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG betreuten österreichischen Weltraumprogramms ASAP.

Der Start war damals für 2007 vorgesehen. Die Entscheidung, dass insgesamt sechs Satelliten fliegen sollen, und die damit verbundenen Adaptionen bei der Software sowie Verbesserungen bei der Sternenkamera und die Suche nach einem geeigneten Raketenstart hätten für die Verzögerungen gegenüber den ursprünglichen Plänen gesorgt, betonte der TU-Wissenschafter.

Einen genauen Starttermin für die rot-weiß-roten Satelliten gibt es derzeit noch nicht, geplant ist einmal Ende Juli. "Wann wir tatsächlich drankommen, erfahren wir erst vier bis sechs Wochen vor dem Start", sagte Koudelka.

Bau war rein österreichisches Projekt

Otto Koudelka beziffert die Kosten des "TUGSAT-1" mit rund 450.000 Euro für Hardware, Bau und Test des Satelliten und freut sich dabei, dass das Geld "zu 100 Prozent an österreichische Unis geflossen ist". Zudem habe man geschaut, dass das "keine Eintagsfliege ist". Ziel sei gewesen, Know-how für die Entwicklung solcher Klein-Satelliten aufzubauen, weil es zunehmendes Interesse an diesem Konzept gebe. Selbst größere Weltraumagenturen interessieren sich dafür, "weil das eine sehr kostengünstige Möglichkeit ist, neue Technologien im Weltraum auszuprobieren", was bei größeren Missionen oft nicht möglich sei. Es gebe in Graz auch schon ein paar Ideen für Nachfolge-Projekte, etwa einen Mini-Satelliten zur Beobachtung von Blitzen, die sich nicht Richtung Erde, sondern in den Weltraum entladen.

Zu den Hardwarekosten kommen noch die Aufwendungen für den Start, die Koudelka aber "aus vertraglichen Gründen nicht nennen darf". Der handelsübliche Preis für einen Kilogramm betrage 20.000 Euro, "aber da sind wir signifikant darunter", man habe einen guten Preis bekommen.

Beide Satelliten sollen auf einer erdnahen polaren Umlaufbahn in einer Höhe von etwa 800 Kilometern die Erde umkreisen. Die Umlaufzeit für eine Erdumkreisung beträgt rund 100 Minuten.

Seine Energie bezieht der Satellit aus wenigen Solarzellen, die an der Außenseite des Würfels angebracht sind. Der Stromverbrauch muss so gering wie möglich gehalten werden. Im Mittel stehen sechs Watt zur Verfügung. Aus diesem Grund wird etwa während der Kameraaufnahmen die leistungsintensive Datenübertragung abgeschaltet. Die Daten werden in dieser Zeit zwischengespeichert und später - bei ausgeschalteter Kamera - zur Erde übertragen.

Bodenstationen in Graz und Wien

An der TU Graz wurde dazu eine Bodenstation aufgebaut, die mit dem Satelliten bei jedem Überflug Kontakt aufnimmt. Pro Tag kommt man laut Koudelka auf rund eine Stunde Kontaktzeit, was mehr als ausreichend sei, um alle Daten herunterzuladen. Eine Bodenstation wird derzeit auch am Institut für Nachrichten- und Hochfrequenztechnik der TU Wien gebaut. Zudem gibt es durch die Beteiligung der Polen und Kanadier kompatible Bodenstationen, die ebenfalls die Daten empfangen können.

Die Lebensdauer des Satelliten ist auf zwei Jahre ausgelegt. Laut Koudelka stehen die Chancen aber "sehr gut, dass er deutlich länger lebt". Das Projekt wurde zu einem beträchtlichen Teil von Studierenden im Rahmen von Diplom- und Projektarbeiten getragen.

Derzeit sind alle Bestandteile des Satelliten auf einer großen Platte montiert und richtig miteinander verkabelt. Das ermöglicht einen leichten Zugang für die notwendigen Tests. Geprüft wurde bereits die Temperaturbeständigkeit der Komponenten in Klimaschränken. Sobald "TUGSAT-1" in den nächsten Wochen wieder zusammengebaut ist, wird er noch in einer Vakuumkammer und auf einem Rütteltisch getestet.

(APA)

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