Mein Samstag

Geschenke für Feinde

Wie geht es Ihnen mit den Weihnachtsbesorgungen? Oft findet man ganz großartige Geschenke, kennt aber niemanden, zu dem sie passen würden. Das Kind und ich wollten zum Beispiel diese individuell zusammengemixten Müsliboxen verschenken.

Dann aber wussten wir nicht: Wer von den zu Beschenkenden mag überhaupt Müsli? Und wenn ja: Mehr so auf gesund, ohne Crunch, Schoko und alles, was Spaß macht? Oder ungesund mit Karamell und Schokoherzen? Mit Rosinen (immer heikel) oder doch mit Cranberrys? Wir waren also in Müsli-Mix-Laune, wussten aber nicht so recht, ob wir irgendjemandem damit eine Freude machen (außer uns selbst).

In einem Katalog ist mir außerdem ein hochinteressantes elektronisches Rollpiano untergekommen. Genau genommen handelt es sich dabei um eine zusammenrollbare Tastatur mit 49 Tasten, die aber keine echten Tasten sind (sonst könnte man sie nicht zusammenrollen), sondern mehr nur so aufgemalt. Also im Grunde eine Plastikmatte mit Klaviertastenmotiven, die aber bitte 128 unterschiedliche Instrumente simulieren kann (Kennen Sie 128 Instrumente? Ich auch nicht!). Weil das nicht genug ist, kann man noch dazu 100 Begleitrhythmen einspielen. Ziemlich viel für gar nicht so viel Geld (59,95 €). Nur: Wer braucht 128 zusammenrollbare Instrumente und 100 Begleitrhythmen und vor allem: Wofür, außer dem Nerven von Nachbarn?

Ebenfalls verworfen haben wir die Idee (aber vielleicht kennen Sie jemanden), ein Black-Box-Puzzle zu verschenken. In dieser schwarzen Würfelbox befindet sich ein 1000-Teile-Puzzle, dessen Motiv man nicht nur vorher nicht kennt, man bekommt auch absichtlich keine Fotovorlage mit, nach der man die Puzzleteile zusammensetzen könnte. Die Anbieter nennen es offenherzig „impossible puzzle“ (ich erhöhe auf „Geschenke für Feinde“) und versprechen – es scheint kein Widerspruch zu sein – „endless fun“. Falls der Fun wider Erwarten doch irgendwann endet, könnte man auf dem ausrollbaren Klavier „Wir sagen euch an . . .“ in die Fake-Tasten klopfen. In diesem Sinn: Schönen ersten Advent!

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2022)

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