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Anreizmodelle

Attraktive Forschungsfelder für Pharmaindustrie

In der Diskussion wurde u. a. erörtert, wie neue Anreize aussehen könnten. Ein Vorschlag wäre zum Beispiel  übertragbare Exklusivität.
In der Diskussion wurde u. a. erörtert, wie neue Anreize aussehen könnten. Ein Vorschlag wäre zum Beispiel übertragbare Exklusivität.Günther Peroutka
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Es braucht neue Ansätze der Incentivierung, damit Pharmaunternehmen auch in Bereiche investieren, für welche es keinen herkömmlichen Business Case gibt.

Eine gute Gesundheitsversorgung ist ohne Innovation nicht möglich. Dazu bedarf es Forschung und Entwicklung (F&E). Der Pharmaverband PHARMIG ist bestrebt, Forschung am Standort Österreich voranzubringen. „Rund 500 klinische Prüfungen laufen in Österreich gegenwärtig und sind mit hoher Wertschöpfung verbunden“, sagte Ina Herzer, Geschäftsführerin von MSD Österreich und Vizepräsidentin der PHARMIG. Insgesamt generiert das ein Volumen von rund 144 Millionen Euro. Daran beteiligt sind neben Pharmaunternehmen auch u. a. wissenschaftliche Zentren und Spitäler. „F&E sichert somit auch viele Arbeitskräfte.“

Die Wertschöpfung der gesamten pharmazeutischen Industrie beläuft sich auf 4,8 Milliarden Euro (direkt) bzw. indirekt sogar auf 9,6 Milliarden Euro. Das macht 2,8 Prozent des BIP.

Zur Life-Science-Branche zählen rund 150 Unternehmen in Österreich. Viele davon sind forschend tätig. Für die Unternehmen gibt es vor allem zwei Treiber, in welche Richtung in Forschung investiert wird. „Einerseits fortlaufende Erkenntnisse, die sich aus der Grundlagenforschung ergeben, etwa neue Zusammenhänge, aber auch neue Technologien, die alternative Möglichkeiten schaffen“, sagte Herzer. „Zweiter Treiber sind Expertise und Kompetenz des Unternehmens. Dort, wo man starke Partnerschaften und Kompetenzfelder hat, kann man aufbauen.“

Bessere Anreizsysteme

Insgesamt ist aus Sicht der PHARMIG die Mischung aus Basisforschung und Unternehmen, die bei Patenten ansetzen, sehr zufriedenstellend. Besonders stark ist F&E in der Pharmaindustrie in Österreich auf dem Gebiet der Onkologie. „Es ist ein Bereich, der dafür sorgt, dass hier in Österreich Experten und Wissenschaftler früh mit Innovation in Berührung kommen, Erkenntnisse gewinnen können und mithelfen, dass neue Behandlungstherapien auch beim Patienten ankommen“, sagte Herzer. Daher bildet Onkologie auch einen jener Bereiche, bei denen Vorkenntnisse genutzt werden und es überdurchschnittlich oft zu aufsetzenden Patenten kommt.

»„Die pharmazeutische Innovation ist komplex, riskant und mit hohen Investments verbunden. Gleichzeitig ist es unser Anliegen, dass wir in Österreich Gesundheit unterstützen und ein starker Standort bleiben.“
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Ina Herzer, Geschäftsführerin MSD Österreich, Vizepräsidentin PHARMIG

Wie sieht es aber auf dem Gebiet der Seltenen Erkrankungen aus? Von Rare Diseases spricht man in Europa, wenn fünf von 10.000 Patienten von einer Erkrankung betroffen sind. Auch hier ist es wichtig, dass neue Medikamente entwickelt werden, aber der finanzielle Kuchen ist deutlich kleiner. Wie bringt man Unternehmen also dazu, in eher defizitäre Bereiche zu investieren? „Es braucht einen Business Case“, sagte Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). „Damit große Industriebetriebe neben ihren gewinnbringenden Bereichen auch in Seltene Erkrankungen investieren, muss sich das Gesamtpaket rechnen, wenn schon kaum Möglichkeit besteht, Geld zu verdienen.“

»„Häufig lassen KMU Entwicklungsschritte noch nicht patentieren, obwohl es Potenzial hätte. Mit dem Patentcheck von FFG lässt sich abklären, ob sich ein Patent lohnt. Es ist wichtig, dass man das Patent rechtzeitig mitdenkt.“«

Henrietta Egerth, Geschäftsführerin FFG

Da Rare Diseases einen kleinen Markt betrifft, ist es für Unternehmen ein sehr herausforderndes Feld. „Bei allen Medikamenten, die entweder als Ziel haben, dass sie möglichst selten zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel Antibiotika, oder Medikamente für seltene Erkrankungen ist es ganz wichtig, dass wir darüber nachdenken, was es für neue Ansätze der Incentivierung geben kann“, meinte Herzer. Denn das klassische Patentschutz-Modell, in dem die Medikamente verwendet werden können und der Business Case refinanziert werden kann, komme hier nicht zu tragen und deshalb bedarf es neuer Möglichkeiten, die Forschung zu unterstützen, damit auch in Bereiche investiert wird, in denen nicht mit der großen Wertschöpfung gerechnet werden kann.
Gerda Redl, Patentanwältin der Kanzlei REDL Life Science Patent Attorneys, sieht ein solches Anreizsystem etwa in Datenexklusivität. „Es gibt Exklusivität, die von den Zulassungsbehörden gestattet wird, damit man verhindert, dass ein Generikahersteller sich auf die Zulassungsunterlagen beziehen darf“, erklärte Redl.

»„Ein guter Patentschutz hindert Mitbewerber, einfach ein Produkt ohne Lizenz nachzuahmen und hilft somit dem Entwickler, Investments zu lukrieren, sich zu refinanzieren und einen Kollaborationspartner zu finden.“«

Gerda Redl, REDL Life Science Patent Attorneys

Üblicherweise sieht der Weg nämlich folgendermaßen aus: Mit Patentablauf werden Generikaunternehmen aktiv und können umgehend ein nachgebautes Produkt auf den Markt bringen. „Die Bezugnahme auf Original-Daten ist mit der Datenexklusivität für einen gewissen Zeitraum nicht möglich und der Hersteller von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen hat somit eine zeitliche Exklusivität unabhängig vom Patentschutz“, sagte die Patentanwältin.

Da es vor allem Biotechfirmen sind, die sich für Rare Diseases interessieren, könnten Anreize helfen, bei denen diese Firmen mit dem Know-how der Wirkung mit ähnlichen Medikamenten auch an den großen Markt gehen können.

Information

In unregelmäßigen Abständen sieht sich die Pharmaindustrie mit Rufen nach Patentaufweichung konfrontiert. Aber wäre das für den F&E-Standort Österreich sinnvoll? „Patente sind für unser Innovationsmodell, nämlich neue Medikamente zu erforschen und zu entwickeln und damit die Gesundheitsversorgung voranzutreiben, absolut zentral“, betonte die PHARMIG-Vizepräsidentin. „Für uns ist es wichtig, dass es einen sehr starken Patentschutz gibt und Incentives bestehen, damit Innovationen, die lang und komplex entwickelt werden, dann hinterher auch refinanziert werden können.“ Die Aufweichung von Patenten ist auch deshalb keine Lösung, weil noch viel weitere Expertise benötigt wird, z. B. wenn es um die Herstellung geht.Der Branchentalk „Patentschutz“ fand auf Einladung der „Die Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs.

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