Gastbeitrag

Das Du-Wort: Fluch oder Segen?

(c) Peter Kufner
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Über das Siezen, das Duzen und die Penetranz der Vereinnahmung im verbalen Sozialverhalten unserer Zeit.

Zuerst ist es Bekanntschaft, die zur Freundschaft führen kann, aber keineswegs muss. Wenn ja, dann folgt auf die Anrede „Sie“ das „Du“-Wort, ist aber auch nicht selbstverständlich. Vielfalt und Nuancen im Psychologischen und Verbalen sind Werte unserer Kultur. Ihre Rudimentation ist ein Verlust, vergleichbar mit der Biodiversität, die zu erhalten wir alle aktuell aufgerufen sind.

Schön, dass es zum Beispiel in der Konditorei Demel noch die Dritte-Person-Anrede gibt, wenn die Serviererin den Gast mit der Speisekarte fragt: „Haben schon gewählt?“ Der Hofrat bestellt für sich einen Braunen der Marke Null Komma Josef und für seinen Hund, der ihm frappant ähnlich aussieht, Trinkwasser in einer Schüssel. Als er sich die Zeitungen holt, meldet ihm die Kellnerin im Vorbeigehen, „den Kaffee fürn Herrn Hofrat habe ich bereits auf Ihren Tisch und die Schüssel mit dem Wasser für den Herrn Hund unter den Tisch gestellt“. Ein monarchistisches Restgehabe mit Unterhaltungswert aus vergangenen Zeiten. Für mich schön, weil historisch-nostalgisch, obwohl ich rational leidenschaftlicher Republikaner bin.

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