Mein Montag

Vom „Anpassen“ und anderen Unwörtern

Ein Porträt von Charles Darwin.
Ein Porträt von Charles Darwin.(c) Reuters (Stringer/Uk)
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Wie man Unangenehmes in Euphemismen verpackt, damit es leichter geschluckt wird.

Wenn Ihnen jemand eine schlechte Nachricht überbringen will, ohne es wie eine schlechte Nachricht wirken zu lassen, ist die Chance hoch, dass ein Wort dabei auftaucht: Anpassen. Wird ein Produkt teurer, muss der Preis angepasst werden. Oder fällt eine Leistung beim selben Preis schlechter aus, hat man eben das Portfolio angepasst. Nicht, dass man es nicht merken würde, aber das Anpassen ist halt in Gleitmittel verpacktes Verteuern, damit es beim Schlucken nicht so weh tut. Es ist wie der eine Cent, auf den man bei Preisen verzichtet, weil 9,99 Euro halt nach weniger ausschaut als zehn Euro. Eine psychologische Beruhigungspille für den Kunden, die aber offenbar tatsächlich wirkt. Das Anpassen ist aber nicht allein – wird etwa, sagen wir, ein Käsehersteller dabei erwischt, dass sein Produkt teurer wurde, obwohl weniger drin ist, dafür aber eine Wachsschicht um den Käse dicker gemacht wurde, könnte er ja sagen, dass das Produkt „optimiert“ werden musste. (Oft tauchen dann auch „produktionstechnische Gründe“ auf, die wie eine stille Absolution über dem „Optimierungsprozess“ schweben.)So wie übrigens die „verbesserte Rezeptur“ bei einem Produkt vielleicht ja auch nur verschleiert, dass man einen Inhaltsstoff durch einen billigeren ersetzt hat.

Jemand, der etwas verkauft – ein Immobilienmakler, zum Beispiel – wird plötzlich ein „Partner“ oder zumindest ein „Berater“. Eine zusätzliche Gebühr, die keine Mehrleistung bringt, wird als „Servicepauschale“ getarnt. Und auch aus der Arbeitswelt kennt man solche Beispiele. Dass man „Strukturen verschlankt“, klingt etwa um einiges freundlicher als Kündigungen. Und wer kann schon etwas dagegen haben, „freigestellt“ zu werden – Freiheit ist schließlich etwas Schönes, oder?

Und noch etwas: Teuer klingt so negativ, sagen wir doch einfach hochpreisig dazu. Wirkt gleich viel besser.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2023)

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