Alles anzünden mit Myriam Leroy

In den Romanen und Kurzgeschichten der belgischen Feministin bekommen allerlei toxische Männer ihr Fett ab. Es ist höchste Zeit, dass ein deutschsprachiger Verlag sie entdeckt.

Eine der interessantesten literarischen Entdeckungen, die ich in Belgien machen durfte, heißt Myriam Leroy. Die 1982 geborene Brüsselerin schreibt Romane, Feuilletons, Theaterstücke, Dokumentarfilme, sie ist seit gut einem Jahrzehnt eine der wichtigsten feministischen Stimmen im Land. Voriges Jahr hatte ich hierorts ihren Roman „Les Yeux Rouges“, zu Deutsch „Die roten Augen“, lobend erwähnt, in dem sie die jahrelange Hasskampagne einer Rotte übergriffiger Männer auf Twitter und Facebook, der sie ausgesetzt war, packend fiktionalisierte (es wäre übrigens höchste Zeit, dass dieser Roman auch einen deutschen Verleger findet).

Seither kaufe ich alles, was unter ihrem Namen erscheint. Leroy hat ein sehr gutes Auge für die Abgründe der angeblichen Gutbürgerlichkeit, in ihren Texten zündet sie all diese Kartenhäuser, die man sich in gewissen Kreisen unter Realitätsverweigerung aufgestapelt hat, mit großem literarischem Gewinn an. Kürzlich erschien in der Essay- und Kurzgeschichtenreihe „Belgiques“ des Verlags Ker Éditions in der brabantischen Kleinstadt Hévillers, der Schriftsteller zu ihren Beobachtungen Belgiens einlädt, Leroys Band. Vom verlogenen Umgang mit dem Skandal um den Kinderschänder Marc Dutroux bis zu einem manipulativen Botschafter bekommen hierin allerlei ziemlich toxische Männer ihr Fett ab. Das ist, auch und vor allem als Mann, köstlich zu lesen, sofern man nicht der paranoiden Sicht anhängt, ein globales Komplott feindseliger Feministinnen habe sich gegen die sogenannten Herren der sogenannten Schöpfung verschworen.

Richtig gespannt bin ich aber auf Leroys neuesten Roman, der, während ich diese Zeilen tippe, verheißungsvoll auf meinem Schreibtisch lockt. „Le Mystère de la Femme sans Tête“, also „Das Geheimnis der Frau ohne Kopf“, die auf wahren Begebenheiten fußende Geschichte einer Frau, die sich 1942 von den Nazis enthaupten ließ, um 60 Geiseln das Leben zu retten, wird hierorts noch näher zu besprechen sein. Bleiben Sie dran!

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

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