Recycling

Aus Bauschutt soll umweltfreundlicher Beton werden

Cyrill Grengg leitet das CD-Labor in Graz: Eine Idee ist, Altöl in Beton einzubauen.
Cyrill Grengg leitet das CD-Labor in Graz: Eine Idee ist, Altöl in Beton einzubauen. Helmut Lunghammer
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Ein Forschungsteam der TU Graz will den Baustoff künftig in einem neu eröffneten Christian-Doppler-Labor aus mineralischen Abfällen und Schlacken nachhaltig herstellen. Das soll die Branche der CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft ein Stück näher bringen.

Beton ist der am häufigsten verwendete Baustoff, besonders für Infrastrukturbauwerke wie Tunnel, Brücken oder Entwässerungssysteme. Seine Herstellung ist jedoch, wie Kritiker anmerken, wenig umweltfreundlich: Die Produktion des Grundstoffs Zement ist weltweit für rund zehn Prozent des durch Menschen verursachten CO2-Ausstoßes verantwortlich.

„Wir wollen daher Alternativen zum herkömmlichen Beton finden, die dieselben positiven Materialeigenschaften aufweisen, aber ökologisch verträglicher sind“, umreißt Cyrill Grengg die Aufgabe des Anfang März an der TU Graz eröffneten „Christian-Doppler (CD)-Labors für reststoffbasierte Geopolymer-Baustoffe in der CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft“. Der Forscher vom Institut für Angewandte Geowissenschaften ist Leiter dieses Labors und verrät, was sich hinter diesem sperrigen Titel verbirgt: „Ein vielversprechendes Ausgangsmaterial für solchen alternativen Beton ist mineralischer Abfall, also beispielsweise tonreicher Bauschutt, Mineralwolle oder Asche aus industriellen Verbrennungsprozessen. Rund 60 Prozent dieses Abfalls landen derzeit auf Deponien, der Rest wird recycelt. Gemeinsam mit unseren Unternehmenspartnern überprüfen wir als interdisziplinäres Team, wie man den Recycling-Anteil erhöhen kann, indem solcher Abfall weg von den Deponien kommt und in die Kreislaufwirtschaft eingebunden wird.“

Aus Bauschutt und anderen entsorgten Materialien sollen also neue Betonbauteile entstehen. Einer der Vorteile für die Umwelt: Beim Recycling von mineralischen Reststoffen werden laut Grengg weit weniger Schadstoffe in die Luft geblasen als bei der Herstellung von herkömmlichem Beton. Ein weiterer: „Mengt man dem neuartigen Beton zum Beispiel Altöl bei, das 75 Prozent Kohlenstoff enthält, dann bleibt dieser Kohlenstoff über Jahrzehnte hinweg im verbauten Beton gebunden und belastet nicht das Klima.“

Potenzial von Hüttensand mehr nutzen

Neben Mineralabfällen untersucht man auch das Potenzial von Sekundärrohstoffen, die als Nebenprodukte in der Industrie anfallen. Schlacke aus der Roheisenerzeugung etwa, sogenannter Hüttensand, wird schon seit langer Zeit als Zusatz verwendet, doch seien damit die Möglichkeiten keineswegs erschöpft, sind die Grazer Wissenschaftler überzeugt. Weitere Schlackenarten finden derzeit gar keinen hochwertigen Einsatz in der Bauwirtschaft.

Welche Rest- und Sekundärrohstoffe man wie zusammenmischen muss, um umweltfreundlichen Beton mit idealen Eigenschaften zu finden, steht im Mittelpunkt der Forschung. „Die Erfordernisse unterscheiden sich je nach Verwendungszweck“, erläutert der Mineraloge Florian Mittermayr, Mitinitiator des CD-Labors und Fachmann für Materialentwicklung. Eine hohe Korrosionsbeständigkeit, wie sie geopolymer-basierte Materialien aufgrund ihrer besonderen chemischen Mikrostruktur mitbringen, sei etwa für den Einsatz in Abwassersystemen, Bioabfallanlagen oder Tunneldrainagen ideal, wo der Beton dem ständigen Einfluss von Säuren und anderen aggressiven Lösungen ausgesetzt ist. Grengg: „Bei höherer Widerstandsfähigkeit des Materials muss das System weniger oft erneuert werden, Materialaufwand und somit Umweltbelastung sind auf lange Sicht geringer.“ Ein rasches Aushärten wiederum sei auch von Vorteil, wenn Beton als Bestandteil von Spritzmörtel zum Einsatz kommen soll. Und der geringere Kalziumgehalt von geopolymer-basierten Baustoffen im Vergleich zu herkömmlichem Beton verringere in Drainageröhren die Gefahr der Versinterung.

Um Langlebigkeit und Leistungsfähigkeit des „Abfall-Betons“ sicherzustellen, werden im Rahmen des Forschungsvorhabens zunächst anwendungsspezifische Tests sowie Labor- und Feldversuche durchgeführt. Letztlich ist die Umsetzung mehrerer Pilotprojekte geplant. Acht Partner aus den Bereichen Sekundärrohstofferzeugung, Abwasserentsorgung und Materialverwertung sind mit an Bord. Das Labor ist ins „Nawi Graz Geozentrum“, einer Kooperation von TU und Uni Graz, eingebunden.

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