Da es in Ottnang keinen Gestaltungsbeirat gibt, wird gebaut, was dem Bürgermeister zusagt und dem Bauträger ins Portfolio passt.
Architektur

Thomas Bernhard hätte das nicht gefallen

Ziviltechniker haben die Verpflichtung, örtliche Bezüge beim Bauen herzustellen. Der Kirche in Ottnang am Hausruck einen Riegel in Form eines quaderförmigen Mehrparteienhauses vorzuschieben wird dem sicher nicht gerecht.

Womöglich fragt sich die Leserschaft der „Presse“, warum auf dieser Seite öfter über Architektur zu lesen ist, die besser nicht gebaut werden sollte, und deren Realisierung hinterfragt wird. Tatsache ist, dass die „Zeichen der Zeit“ für die Baukultur in Österreich Alarmstufe Rot signalisieren: Städte werden zu stark verdichtet trotz problematischer Überhitzung, kleine Orte durch unkontrollierte Umwidmung von Grünland in Bauland zersiedelt trotz der Kenntnis, dass die Individualisierung beim Wohnen und beim Verkehr Umweltprobleme nach sich zieht. Parks werden verbaut, sanierungsfähige kulturhistorisch wertvolle Bausubstanz wird demoliert und durch größere Bauten ersetzt – und dies vorwiegend, weil Grundstücksspekulation und Betongoldgewinnung „fröhliche Urständ“ feiern. Eine übergeordnete Raumplanung als Regulativ der Bauwut ist inexistent, obwohl die Auswirkungen von Verdichtung und Versiegelung von Freiflächen bereits die Sturm- und Hagelversicherungen auf den Plan rufen. Immer öfter werden sie zur Kasse gebeten und fordern die Einschränkung der Bodenversiegelung, weil Regenwasser bei Starkregen nicht mehr versickern kann, über asphaltierte Flächen in die Kanäle schießt, die Flüsse zum Überlaufen bringt und Hochwasser verursacht.

Dies ist der Grund, warum wir Architekturkritiker:innen uns verstärkt zu Baukritiker:innen entwickeln, denn „Parks, Denkmale und Kulturgüter haben keine Lobby“, wie Isabella Marboe vorige Woche festgestellt hat. „Einmal als Anlageform entdeckt, haben Gebäude keine andere Wahl, als sich nach der Logik des Kapitals zu richten“, formulierte Reinier de Graaf, einer der Architekten von Office for Metropolitan Architecture (OMA). Und so wird weiterhin auf Teufel komm raus gebaut. À propos Teufel: Ein anschauliches Beispiel, das hier kritisch beleuchtet werden soll, ist ein Wohnbau mit der klingenden Adresse Kirchenstraße 1 in der Marktgemeinde Ottnang am Hausruck und hat sich in den jüngsten Monaten vis-à-vis der katholischen Pfarrkirche aufgebaut.

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