Gastkommentar

Klimaglück: Statt Stillstand durch Angst, Bewegung durch Vision

Replik auf Teresa Wirth. Weiße Kunstschnee-Bänder auf grünen Hängen im Westen und ausgetrocknete Seen und Flüsse im Osten – Klimaprobleme wie diese zeigen, wie dringend wir die Klimaschutzpolitik verbessern müssen. Wir können uns weder Stillstand noch Rückschritte leisten.

Der Autor:

Werner Kogler (*1961 in Hartberg, Stmk.) ist seit 2017 Bundessprecher der Grünen und seit Jänner 2020 Vizekanzler der Republik.

„Und was genau ist jetzt Klimaglück?“, fragt Theresa Wirth in der „Presse“ vom 23. März. Sie hat recht, wenn sie sagt, dass sie sich nicht aufs Glück verlassen will, sondern auf ernsthafte, verantwortungsvolle und verlässliche Klimaschutzpolitik. Weil genau darum geht es uns bei der Mission Klimaglück: Wir begreifen Glück nicht als etwas, das zufällig passiert, sondern als etwas, das wir erarbeiten.

Dass der Weg mehr als nur steinig ist, zeigt der vergangene Woche vorgelegte Weltklimabericht des IPCC. Einmal mehr verdeutlichen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass die von Menschen gemachte Erderhitzung immer schneller voranschreitet und gefährlich ist. Für die menschliche Gesundheit, aber auch für die Grundlage unseres Wirtschaftens – insbesondere in den für Österreich so wichtigen Bereichen Tourismus und Landwirtschaft.

Weiße Kunstschnee-Bänder auf grünen Hängen im Westen und ausgetrocknete Seen und Flüsse im Osten – diese Bilder taugen nicht für Ansichtskarten aus dem Urlaub. Gesunde Landschaften und prächtige Gewässer zu erhalten ist kein Selbstzweck – Österreichs Tourismus wirtschaftet mit dieser Grundlage. Mehr als zwölf Mrd. Euro an direkter Wertschöpfung und mehr als 215.000 Arbeitsplätze allein im Tourismus, das sind keine volkswirtschaftlichen Kinkerlitzchen.

„Vom saisonalen zum dauerhaften Problem“ lautete unlängst eine Schlagzeile, darüber waren Waldbrände in Spanien abgebildet. Temperaturen von mehr als 30 Grad führten zum Niederbrennen von einer Fläche Wald. Nicht etwa im Hochsommer, sondern zu Frühlingsbeginn, Anfang März. Extreme Dürren und sintflutartige Hochwässer werden rasant zunehmen. Das „dauerhafte Problem“ wird zur regelrechten Bedrohung.

Die Antwort einiger weniger: altes Denken

Die Antwort einiger weniger auf diese Bedrohung ist leider immer noch altes Denken. Das bedeutet Stillstand und oft sogar Rückschritt. Wir können uns aber weder Stillstand noch Rückschritte leisten.

Die aktuelle Debatte rund um den Verbrennermotor ist ein Beispiel dafür, wie das alte Denken das Heil in der Vergangenheit sucht. Die meisten Autobauer in Europa – mit Ausnahme von Porsche – sind allerdings schon viel weiter. Sie haben das alte Denken längst hinter sich gelassen. Vielleicht nicht einmal, weil sie so klimabewegt sind, auf jeden Fall, weil sie klug wirtschaften wollen. Sie setzen auf abgasfreie E-Autos. Weil der Wirkungsgrad des grünen Stroms mehr als fünfmal höher ist als bei Kraftstoffen wie E-Fuels. Das ergibt sich aus der Physik und der Chemie. Rechtskonservative Parteiprogramme können die Gesetze der Physik und Chemie nicht aushebeln. Und schon gar nicht jene der Wirtschaft.

Die „Mission Klimaglück“ hat statt Stillstand durch Angst Bewegung durch Vision zum Ziel. Bewegung, die es dringend braucht.

Wir haben keine Zeit zu verlieren, aber Chancen zu gewinnen. Umso mehr müssen sich doch die Vernünftigen verbünden, nach vorn schauen und für eine Zukunft kämpfen, die das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl an Menschen ermöglicht. Jedes Windrad mit Bürgerinnen-/Bürger-Beteiligung und jede Fotovoltaikanlage auf dem Dach eines Betriebes sind Schritte in Richtung Zukunft.

Das Klimaticket, unser ökologisch-soziales Steuersystem und auch das Plastikpfand – all das ist trotz starker Widerstände gelungen. Und all das zeigt: Die Zukunft, die wir mit dem Klimaglück anstreben, wird nicht aus Zufall gemacht. Sondern aus Mut, Leidenschaft und Zuversicht.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

>>> Mehr aus der Rubrik „Gastkommentare“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.