Damals schrieb die Neue Freie Presse

Spanien als Republik?

Wien, 28. April 1873. Die Verhandlungen des Budget-Ausschusses der österreichischen Delegation gestalteten sich nicht uninteressant.

Ist doch die auswärtige Politik stets ein dankbares Capitel, und wußten doch unsere Deligirten den Hebel, welcher dem Grafen Andrassy die Gehege der Zähne öffnet, geschickter anzusetzen, als ihre Collegen vom Jenseits – der Leitha. Zwar die Debatte über die Einrichtung des Rothbuches brachte nichts zu Tage, was nicht in officiösen Correspondenzen und in dem vom Minister des Auswärtigen im ungarischen Ausschusse gehaltenen Vortrage schon gesagt wäre.

Dagegen förderte Dr. Rechbauer durch seine Interpellation über die Nichtanerkennung der spanischen Republik und etwaige Verabredung der Cabinette für den Fall der neuen Papstwahl sowol interessante Mittheilungen, wie ein interessantes Schweigen des Grafen Andrassy ans Licht. Sein Verhalten gegenüber der spanischen Republik rechtfertigt der Minister des Auswärtigen damit, daß der Wille der spanischen Nation sich noch nicht für die republikanische Regierungsform ausgesprochen habe. Nur eben der Mangel an einem solchen Ausspruche, keineswegs eine Abneigung gegen die republikanische Regierungsform, sei Schuld an dem Zögern mit der Anerkennung. Aber würden die Cabinette auch dann nach dem Willen des spanischen Volkes fragen, wenn Don Carlos über die Leichen der von den Banden Santa Cruz' gemordeten Frauen und wehrlosen Eisenbahn-Passagiere und Beamten, wie über die Asche mit geweihtem Petroleum verbrannter Dörfer hinweg den blutbespritzten Thron besteigen würde?!

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