Das Warten auf „nach der Arbeit“

Die budgetäre Pensionsbombe ließe sich durch ein positives Denkmodell über Arbeit und durch eine neue Qualität von Arbeit entschärfen.

Die budgetäre Pensionsbombe tickt, die Einzahlungen der Aktiven können die Ruhensbezüge der PensionistInnen nicht decken, der Staatszuschuss steigt, das Milliardenloch wächst beängstigend – kurzum: Die Gleichung geht sich nicht mehr aus. Die Finanzierung des Systems ist auf Dauer ohne Anhebung des faktischen Pensionsalters zumindest auf das jetzige gesetzliche nicht möglich.

Diese Anhebung wird nicht nur durch eine politische und pensionsmathematische Reform zu erreichen sein. Die Basis für die erfolgreiche Anhebung liegt in einer Einstellungs- und Arbeitsreform. Keine Pensionsreform kann erfolgreich wirken ohne ein positives Denkmodell über Arbeit und eine neue Qualität von Arbeit.

In Österreich ist Arbeiten für viele zu etwas geworden, was sie schnell hinter sich bringen wollen. Das vermeintlich wahre Leben wollen wir dann in der Pension genießen. Von frühester Kindheit an wird vermittelt: Schule ist Zwang, und Arbeit ist Einschränkung von Lebensqualität. Zwang nimmt Freiheit und Freude und ist moderne Knechtschaft. Also warten wir auf „nach der Arbeit“: zuerst auf die Ferien, auf die Freizeit, auf das Wochenende und schließlich auf die Pension.

Doch Arbeit soll ein Grundelement eines gelungenen Lebens sein. Arbeit bietet – ganz banal betrachtet – weit mehr als Existenzsicherung. Arbeit kann Gemeinschaft, Anerkennung und Erfolg bringen. Arbeit, wenn als wert- und sinnvoll eingeschätzt, hebt unser Selbstbewusstsein und unterstützt unsere Persönlichkeitsentwicklung. Arbeit, die uns positiv herausfordert und nicht überfordert, fördert unsere Gesundheit.

Arbeit sollte sinnstiftend sein

Zugegeben, nicht jede Arbeit ist gleich attraktiv. Aber es ist auch eine Frage, was man aus seiner „Arbeit“ macht. Alle sind aufgefordert, an der Gestaltung dafür mitzuwirken.

Einstellungsreform und Arbeitsreform – was also ist zu tun? Gestalten wir Arbeit so, dass sie als sinnstiftendes Fundament unseres Lebens verstanden werden kann, und orientieren wir Ausbildungs- und Arbeitsreform daran.

Verkünden wir keine „Du musst“-Botschaften über Lernen, Leben und Arbeiten, sondern „Du kannst, Du darfst!“. Dafür lohnt es sich, Arbeit und Umfeld mitzugestalten. Auch kleine Beiträge können unsere Arbeitswelt positiv verändern und werden, gekoppelt mit einer positiven Einstellung, zum Schlüssel für ein längeres, gesundes und befriedigenderes Arbeiten.

Programme wie „Fit für die Zukunft – Arbeitsfähigkeit erhalten“ der AUVA und PVA versuchen die Qualität von Arbeit und die bejahende Einstellung durch ein Bündel von Maßnahmen zu fördern. 20 Betriebe mit rund 12.500 Beschäftigten sind Partner in diesem Programm. Es wird zeigen, dass es möglich ist, einen Beitrag zur Unterstützung von sinnvoller, langer Arbeitsfähigkeit zu leisten.

Gerade auch die „Älteren“ und „Alten“ können mehr, als man glaubt. Und viele wollen auch gar nicht den möglichst schnellen Rückzug aufs „Altenteil“. Auch Erfahrung zählt wieder etwas, zum Vorteil von Wirtschaft und Gesellschaft.

Irene Kloimüller ist Expertin für Arbeitsfähigkeitsmanagement und Leiterin des Programms „Fit für die Zukunft – Arbeitsfähigkeit erhalten“ der AUVA und PVA.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2011)

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