Skandal: Abgang vor dem Abpfiff

(c) AP (Andrej Cukic)
  • Drucken

Der serbische Außenseiter Novi Sad brach nach umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen das „abgekartete“ Pokalfinale gegen Partizan Belgrad ab. „Wir sollten nicht gewinnen.“

Belgrad. Es ist ein neuerlicher Tiefpunkt für Serbiens skandalgebeutelten Fußball. Im Pokalfinale verließen die Kicker von Novi Sad nach umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen zugunsten von Partizan Belgrad vorzeitig das Feld. Sie wollten nicht länger die Statisten spielen. Nachdem ein Elfmeterpfiff nach einem Foul von Partizan-Star Prince Tagoe ausblieb, beorderte Trainer Zoran Milinković die Spieler in der 82. Minute beim Stand von 1:2 kurzerhand vorzeitig vom Feld.

„Wir sollten nicht gewinnen“, sprach anschließend Vojvodina-Präsident Ratko Butorović verbittert im gähnend leeren Marakana-Stadion von einem „vorab geregelten Finale. Sollen sie uns doch nun in die Zweite Liga verbannen und Partizan eben allein mit sich spielen. So verliert das jeden Sinn.“

Als vermeintlichen Höhepunkt der Saison hatte Serbiens Fußballbund das Duell zwischen Partizan und Vojvodina zuvor noch angekündigt. Mit Sprechchören feierten Partizans Fans im Stadion des Erzrivalen Roter Stern das Kräftemessen zwischen dem Hauptstadt-Goliath und dem Provinz-David. Hoffenheim-Leihgabe Prince Tagoe brachte den dominierenden Meister in der 16. Minute auf die Siegesstraße. Doch nach der Pause wendete sich das Blatt – und das Schiedsrichtergespann rückte zusehends in den Blickpunkt.

Provinz gegen Hauptstadt

Dem 1:1-Ausgleich folgte ein schneller und umstrittener Elfmeterpfiff nach einem Fall oder Foul an Tagoe. Den Strafstoß verwertete Zvonimir Vukić, doch Novi Sad steckte nicht auf und erzielte erneut den Ausgleich. Wegen eines vermeintlichen Fouls aber versagte Schiedsrichter Slobodan Veselinović dem Treffer die Anerkennung.

Wenig später brachte Tagoe seinen Kontrahenten im eigenen Strafraum zu Fall, es hätte Elfmeter für Vojvodina geben müssen. Der Pfiff aber blieb aus und damit war für die Gäste das Maß der erträglichen Irrtümer erreicht. Nach Rücksprache mit ihrem Vereinschef verließ die Elf unter höhnischem Beifall den Platz, Partizans Spieler feierten währenddessen bereits den Pokalsieg. Vojvodina-Manager Miodrag Pantelić sprach von einer „beispiellosen Schande: Die Referees haben das Ergebnis beeinflusst – und für den Pokalsieg von Partizan gesorgt.“

Von Schande, Betrug und Skandal sprachen auch Serbiens Tageszeitungen. Die Belgrader „Politika“ fühlte sich gar an manche der politisch geladenen Skandalspiele der jugoslawischen Vorkriegszeit Anfang der 1990er-Jahre erinnert. Ein Provinzklub könne doch den Meister nicht besiegen, berichteten manche Hauptstadtblätter. Überhaupt, wer davonlaufe, könne nicht gewinnen, sagte Partizan-Coach Aleksandar Stanojević. Sarkastisch kommentierte der frühere Basketball-Star und Präsident des Nationalen Olympia-Komitees, Vlade Divac, dieses Trauerspiel: „So wie der Fußballverband war auch das Finale.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.