Das Mysterium des „Kaffeering-Effekts“ ist entschleiert

(c) Erwin Wodicka
  • Drucken

Dass vom Fleck auf dem Tisch nur der Rand bleibt, liegt an der (runden) Form der suspendierten Teilchen. Sind sie rund wie die des Kaffees im Wasser, sammeln und verhaken sie sich dicht am Rand.

Wenn man einen Tropfen Kaffee auf einem Tisch verschüttet hat und eintrocknen lässt, geschieht etwas höchst Merkwürdiges: Der Fleck ist am Ende nicht etwa in der Mitte des früheren Tröpfchens, sondern an seinem Rand. (Fall Sie gerade bei der Frühstückslektüre sitzen, können Sie es experimentell prüfen). Über diesem Rätsel – es gilt nicht nur für Wasser mit Kaffee darin, sondern für viele Flüssigkeiten mit suspendierten Teilchen – haben Physiker schon viele Tassen getrunken und verschüttet. Denn der „Kaffeering-Effekt“ ist nicht nur ein Spaß für die Grundlagenforschung, sondern auch in der Anwendung höchst relevant: Viele Flüssigkeiten sollen gleichmäßig auf der von ihnen bedeckten Fläche eintrocknen, Farben etwa oder Tinten, allerorten ist der Ring höchst unerwünscht.

Oberflächenspannung spielt mit

Aber er ist auch mit ganz einfachen Mitteln zu verhindern, das haben Peter Yunker und Arjun Yoth (Pennsylvania State University) in Theorie und Experiment gezeigt: Es liegt alles an der Form der suspendierten Teilchen. Sind sie rund wie die des Kaffees im Wasser, sammeln und verhaken sie sich dicht am Rand; sind sie hingegen eher elliptisch, verteilen sie sich ziemlich gleichmäßig auf der ganzen Oberfläche des Tröpfchens, dafür sorgen Strömungsmechanik und Oberflächenspannung: Wenn ein Tröpfchen Wasser verdunstet, geht die Flüssigkeit an der Oberfläche zum Rand, und mit ihr gehen die Teilchen. Aber das tun sie nur dann, wenn sie rund sind. Denn dann beeinflussen sie die Grenzfläche zwischen Wasser und Luft nicht. Sind sie hingegen Ellipsoide, ballen sie sich überall zu kleinen Klumpen, die einander den Weg zum Rand versperren. Denn elliptische Teilchen nehmen Einfluss auf die Grenzfläche, sie sind ein wenig im Wasser, ein wenig in der Luft, und die gestörte Oberflächenspannung drückt sie zu Klumpen zusammen.

Deshalb bleiben sie auch nach dem Eintrocknen relativ gleichmäßig über den ganzen Fleck verteilt und verhindern selbst dann, wenn nur kleine Mengen in der Suspension sind – 0,015 Prozent –, die Bildung des Rings (Nature, 476, S.308). „Das ist eine schöne Arbeit“, kommentiert Nico Chevalier, Physiker in Paris, der sich selbst eingehend mit dem Kaffee beschäftigt hat, „aber kommt der Rand wirklich nur von der Strömung, daher, dass die runden Teilchen dorthin wandern? Oder sorgen sie selbst für ihn: Sind sie am Ende am Rand so dicht gepackt, dass dort das Wasser zuletzt verdunstet?“ jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.